Es ist ein Krieg gegen das eigene Volk ausgebrochen, und ohne daß auch nur ein einziger Schuß fallen müßte, soll er mit unserem Untergang enden. Der Aggressor, das sind unsere eigenen Eliten in Politik und Medien. Wir wissen nicht, wer sie steuert, das können wir nur vermuten, aber daß sie gesteuert werden, ist am Ausmaß ihrer Gleichschaltung zu erkennen. Ob sie selbst daran glauben, das Richtige zu tun, wissen wir nicht. Jedenfalls versuchen sie nicht einmal zu heucheln, denn das würden wir merken. Sie lassen keine Selbstzweifel erkennen, und sie geben uns keinen noch so diskreten Hinweis darauf, daß sie etwas anderes dächten als sie sagen. Wenn sie das täten, gäbe es wenigstens einen Grund, unter veränderten »Rahmenbedingungen« auf einen »Politikwechsel« zu hoffen. Der ist nicht in Sicht, und die Temperatur steigt. Zuwanderungspolitik, Familienpolitik und Gleichstellungspolitik scheinen verschiedene Themen zu sein. Aber sie haben eine gemeinsame Wirkung. Diese Wirkung besteht darin besteht, daß die Deutschen ungefähr im Jahr 2035 zur Minderheit im eigenen Land werden. Vielleicht auch schon früher. Unser Bundespräsident teilte uns jetzt aus der Ferne mit, daß er das ganz prima findet, das Motto »Inder statt Kinder« hat er in dem betreffenden Land wiederbelebt. Er bietet mecklenburgische Erde wie Sauerbier an. Es ist aber nicht irgendeine Entwicklung, die wir da erleben, es ist die Folge eines Krieges, dessen Opfer wir, das heißt, unsere nicht zu gebärenden Nachfahren sind. Noch schwimmen wir tief unten in einem kühlen Brunnen, aber dieser Brunnen wurde bereits modernisiert wie alles andere im guten, alten Deutschland auch. Mikrowellen heizen das Wasser, bis es kocht. Das Experiment heißt »Endlösung Deutschland«. Zu seinen treibenden Kräften gehört die Frankfurter Juristin Ute Sacksofsky. Sie findet, daß wir, die Badenden, es nicht besser verdient haben. Sie selbst sitzt wohl irgendwo im Trocknen.
I.
»Ihr Kinderlein kommet – Bevölkerungspolitik als Staatsaufgabe«, so heißt ihre Rechtskolumne vom Juni 2013 im Merkur Nr. 769. Unseren längst geschwächten kollektiven Selbsterhaltungstrieb, soweit er überhaupt noch vorhanden ist, erklärt unsere Professorin kurzerhand für »nationalistisch«. Die Steigerung der Geburtenrate ist nach ihrer Meinung »kein legitimes staatliches Ziel«, dafür aber die kostentreibende Gleichbehandlung von allen möglichen Sonderlebensförmchen, die neuerdings ebenfalls »Familie« heißen sollen, auch wenn sie nie eine werden, weil ihnen die Zeugung von Kindern natürlicherweise verwehrt bleibt. Unser demographisches Problem hält Frau Professor wahlweise für unerheblich oder für begrüßenswert. Dabei genießt sie persönlich das Glück, überhaupt geboren worden zu sein, zu einer Zeit, da es den von ihr geforderten Verzicht auf ein staatliches Interesse an Neugeborenen noch nicht gab. Also nach ihr die Sintflut.
Die sogenannte Gleichbehandlung von offensichtlich Ungleichem erklärt Frau Professor nicht nur für geboten, sondern für zwingend. Warum, das sagt sie uns ganz offen, und dabei spielen irgendwelche gleich zu berechtigenden Gruppen plötzlich gar keine Rolle mehr. Die Berufung auf sie ist nur das Mittel zum abgründigen Zweck: »Gehen wir davon aus, dass es um die Weitergabe deutschen Erbgutes nach der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft nicht mehr gehen kann [wegen der Kollektivschuld, denkt sich wohl unsere Anhängerin des Morgenthau-Plans, A.L.]: Was wäre eigentlich so schlimm daran, wenn die Deutschen aussterben sollten (was ohnedies noch ein paar Jahrhunderte dauern dürfte)? Das Territorium, auf dem sich derzeit [!] Deutschland befindet, könnte der Natur zurückgegeben oder (das ist wahrscheinlicher) von anderen Menschen besiedelt werden.«
Damit nicht genug. Wenige Zeilen später folgt ein biopolitischer Arschtritt aus den Tiefen des Führerbunkers, der an Zynismus nicht zu überbieten ist: »Wenn es diese deutsche Kultur nicht schafft, das Leben der kommenden Generationen mitzuprägen, dann muss sie wohl kaum unter Artenschutz gestellt werden.« Und damit die deutsche Kultur ihre Bewährungsprobe auch wirklich nicht besteht, betreibt Frau Professor ihre spezielle Form der Familienpolitik, in der sie unentwegt mit dem Gleichheitsgrundsatz herumwedelt, um alles zu unterstützen, was nicht nach traditioneller Familie – vulgo Kindern – aussieht. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist natürlich nur ein leicht zu durchschauender Vorwand. Um ihn geht es letztlich gar nicht.
Das destruktive Ziel besteht einzig und allein darin, eine positive Bevölkerungspolitik zu unterbinden. Kinder müssen der Frau Professor ein riesiger Dorn im Auge sein, denn deren Eltern kassieren ja Geld vom Staat dafür, daß sie Kinder haben, wie die Autorin nicht müde wird, sich seitenlang zu empören, indem sie jeden Euro Familienförderung einzeln aufzählt. Der Neid spritzt ihr nur so aus der Feder. Nähme man ihr Argument ernst, daß der Staat aus Gründen seiner weltanschaulichen Neutralität keine Geburtenförderung betreiben dürfte, könnte man ebenso gut eine weltanschauliche Neutralität in Fragen der persönlichen Lebenserhaltung konstruieren und fordern, daß Leute, die essen, und Leute, die nicht essen, in keiner Weise manipuliert werden dürften, auch nicht in die Richtung, die ihnen das nackte Leben retten würde: »Wenn du es nicht schaffst, dich zu erhalten, verreckst du halt, und deine Sippe am besten gleich mit. Artenschutz gibt’s nicht! Pech gehabt!«
Was im Einzelfall absurd klingt, weil es die Therapie von Bulimie unterbinden würde, wird von Frau Professor für das deutsche Kollektiv sogar mit Kant begründet und als ganz vernünftig ausgegeben: »Der Mensch soll niemals bloß als Mittel, sondern jederzeit zugleich als Zweck an sich selbst behandelt werden«, schreibt sie und hat, kaum daß der Satz beendet ist, das Wörtchen »zugleich« auch schon wieder vergessen. Sie tut so, als ginge es dem Staat nur um den Menschen als profanes Mittel seines Selbsterhalts, und das findet sie einfach degoutant, wobei sie vergißt, daß auch der Staat aus Menschen besteht – was nichts anderes bedeutet, als daß Frau Professor Menschen degoutant findet, die sich fortpflanzen und erhalten wollen. Jedenfalls, wenn sie das als Angehörige eines Kollektivs namens Deutsche wollen und im Interesse eines deutschen Staates und wenn der ihnen dafür auch noch Geld gibt. Ganz zu schweigen davon, daß auch ein Mensch, der ursprünglich als bloßes Mittel gedacht gewesen wäre (weil die Firma halt einen Erben braucht), spätestens ab dem Zeitpunkt seiner Zeugung unantastbarer »Zweck an sich« ist.
Aber mit der Natalität hat es unsere Frankfurter Juristin nun mal nicht. Daß sie persönlich kein Interesse daran hat, ist ihre Sache, aber daß sie die Öffentlichkeit mit ihrer penetranten Lebensfeindlichkeit manipuliert, damit ein paar Frauen mehr durch die fiktive »gläserne Decke« schießen, geht entschieden zu weit. Gegen Abtreibung zum Beispiel hat Frau Professor, soweit ich sehe, noch nicht das Wort erhoben, jedenfalls nicht im feinen Merkur, obwohl doch dies nun wirklich das Beispiel für eine Tat wäre, bei der es um nichts anderes als eine brutale Zweck-Mittel-Relation geht. Aber hier wird das Kind nicht geboren, und das ist nach Frau Sacksofsky ja nur zu begrüßen. Wenn es darum geht, daß ein Kind nicht geboren wird, darf die kühle Zweck-Mittel-Relation Anwendung finden; wenn es aber darum geht, daß es geboren wird, ist sie nicht erlaubt. Das liegt an der Neutralität des Staates, wir haben verstanden. Und an der Gleichheit von Leben und Tod (genauer gesagt, von Leben und Nicht-Leben), aus der der Tod (genauer gesagt, das Nicht-Leben) bekanntlich als Sieger hervorgeht und in diesem Fall auch hervorgehen soll. Diese dämonische Lebensfeindlichkeit drapiert Frau Professor mit einer zwar hübschen, aber verlogenen Zurückhaltung: »Familie ist der Ort, in dem gesellschaftliche Nützlichkeitserwägungen keinen Platz haben sollten.« Der Satz ist sogar mit Einschränkung richtig, aber hier geht es nicht darum, was in der Familie passiert, sondern außerhalb ihrer, nämlich auf Seiten des Staates.
Mit einem derartigen, nun ja, ich muß es leider sagen, menschverachtenden Müll wird unsere Frau Professor sogar als Gutachterin im Bundestag gehört und darf dort erklären, daß das Betreuungsgeld dem Gleichheitsgrundsatz widerspräche. Nicht etwa, weil es den Zweck, für den es gemacht wurde, verfehle, sondern den, den Frau Sacksofsky seiner Nichtgewährung höchstpersönlich zuschreiben möchte, nämlich, die Frauen weg vom bequemen Herd ins Berufsleben hinauszutreiben, wo sie bekanntlich allesamt hingehören, seit sie von den Männern nichts mehr unterscheidet (ist da schon wieder Neid auf ein häusliches Leben im Spiel?). Für den Fall einer womöglich »rückwärtsgewandten«, »allein an der Steigerung der Geburtenrate orientierten Politik« (wieso »allein«?) prophezeit die Juristin das Eintreten von »Horrorszenarien«. Aha, dann kommt also Bomber-Harris wieder über den Kanal geflogen und haut alles kurz und klein. So etwa?
II.
Statt uns zu erklären, warum die Zeugung von Kindern auf einmal so gefährlich ist, hat Frau Professor eine weitere Kolumne verfertigt und ebenfalls im Merkur veröffentlicht. Dort äußert sie sich in der neuesten Nummer (777) zum »Märchen vom Untergang der Familie«. Einerseits handelt es sich bei der Rede vom Untergang der Familie also um ein Märchen, andererseits aber ist dieses Märchen doch keines, denn »die Monokultur der auf Ehe gegründeten Familie ist ausgestorben«, schreibt sie, »und kein Staatsrechtslehrer wird sie wiedererwecken können.« Natürlich weiß sie, daß es eine Monokultur in Sachen Familie noch nie gegeben hat. Sie muß aber ihren Gegnern die totalitäre Phantasie unterschieben, es hätte sie gegeben und sie ließe sich auch wiederbeleben. Erstens, damit die Autorin nicht selbst als totalitär dasteht, und zweitens, damit die große, polierte Vase namens Monokultur, gemeint ist aber die Familie, möglichst laut auf dem Boden zerschellt. Hier spritzt ihr zwar einmal nicht der Neid, dafür aber die merkwürdige Zufriedenheit über eine Entwicklung aus der Feder, die normale Leute mindestens bedauernswert finden.
Dazu paßt es, daß sie den tausendmal betonten Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber sozusagen alten und neuen »Familien« an keiner Stelle inhaltlich füllt. Das gehört zur Strategie, denn die substantielle Ungleichheit dessen, was gleich behandelt werden soll, darf gar nicht erst auffallen. Wo es darauf ankäme, den Unterschied kenntlich zu machen, weil es um Kinder und Jugendliche geht, die in Europa bislang zu 72 Prozent glücklicherweise immer noch mit Mama und Papa aufwachsen, werden wir mit leeren Worten abgespeist. Aber bevor wir abgespeist werden, werden wir getäuscht. Die Autorin sagt nichts gegen den falschen und von ihr vermutlich gewünschten Leseeindruck, daß jenes Drittel Kinder, das außerhalb der Ehe geboren wird, von vornherein bei gleichgeschlechtlichen Eltern aufwachsen würde.
Wie es wirklich ist, das interessiert Frau Professor nicht. Und deshalb soll es auch alle anderen nicht mehr interessieren. Das öffentliche Interesse an der auf Ehe gegründeten Familie sei »nicht offensichtlich«, behauptet sie mit einer erstaunlichen Grausamkeit gegen Kinder, die natürlich und grundsätzlich viel lieber bei ihren eigenen, biologischen Eltern aufwachsen. Ob die Kinder »in einer für sie förderlichen Umgebung« aufwachsen (von eigenen Eltern ist nicht die Rede), das hänge »eben nicht an der ›Form‹, in der die Eltern zusammenleben, sondern an den gelebten Inhalten.« Man ahnt, welche Inhalte dazugehören und welche nicht. Möglichst frühe Einführung in die Welt der Darkrooms – ja; Hochzeit von Mann und Frau auf dem womöglich katholischen Dorf – nein. Und dann die »Form«, in der die Eltern zusammenleben. Als ob es nicht zunächst darum geht, daß sie überhaupt zusammenleben. Aber nein, darum geht es der Frau Professor nicht. Da sie es schon nicht mit Kindern hat, hat sie es auch nicht mit dem wünschenswerten Zustand, daß deren Eltern sich zum Wohle ihres Nachwuchses möglichst lieben und vertragen. Schlimmer noch. Es geht ihr nicht nur nicht darum, daß möglichst viele Kinder in den Genuß einer stabilen elterlichen Beziehung kommen. Sie ist sogar dagegen, denn das würde ja die traditionelle Familien-»Monokultur« stärken. Das führt zu einer absurden Konsequenz. Gleichbehandlung und Gleichstellung führen früher oder später zu dem absurden, gedanklichen Kurzschluß, daß es mindestens gleich viele hetero- und homosexuelle »Eltern« geben müsste. Als ob etwas, was nicht wünschenswert ist, sondern allenfalls toleriert werden kann, doch noch wünschenswert wird, sobald es nur genug davon gibt.
Das Recht der Kinder auf ihre eigenen Eltern ist der Preis, den diese schöne neue Welt der Gleichheit kosten darf und kosten soll. Frau Sacksofsky zahlt ihn gern – auf Kosten fremder Wehrloser, deren Mutter sie jedenfalls nicht ist. Gewiß, im strengen Sinn gibt es kein »Recht auf Eltern«, weil auch hier das Schicksal jederzeit dazwischenfunken kann. Im übertragenen Sinn gibt es dieses Recht aber eben doch. Die Erfüllung des natürlichen, menschengemäßen Grundbedürfnisses auf Liebe durch die eigenen Eltern kann zwar, aus welchen Gründen auch immer, beeinträchtigt werden. Aber ein solches Unglück gibt uns nicht das Recht zu einer Kulissenschieberei, bei der die Substanz (eigene Mama, eigener Papa) zur bloßen »Form«-Frage herabgewürdigt und durch beliebige »Inhalte« ersetzt wird. Denn das ist totalitär. Als Stalins Sekretär eines Tages den Namen seiner Frau auf den Todeslisten fand, beruhigte der Chef seinen Mitarbeiter mit den Worten, es werde schon alles gut. Als der Sekretär am Abend nach Hause kam, öffnete eine neue, ihm unbekannte Frau die Tür. Diese Form der Grausamkeit finden wir auch in dem neuen Essay von Frau Sacksofsky, in dem die Frage tunlichst vermieden wird, wie in ihren neuen »Familien«-Formen die beiden leiblichen Elternteile vorkommen, von denen mindestens eins willkürlich durch den gleichgeschlechtlichen »Lebenspartner« ersetzt werden können soll. Was zur Folge hat, daß diese Elternteile von vornherein danach ausgewählt werden, ob sie später Ansprüche auf eine Beziehung zum Kind erheben oder nicht.
Sacksofskys Argumente zielen darauf ab, unveränderliche Naturrechtspositionen abzuräumen, als ob sie spätestens seit den fünfziger Jahren überflüssig wären – seit Kinder, wie alles andere auch, bekanntlich aus der Steckdose kommen. Sie behauptet sogar, der Wertewandel wäre dem Verfassungsrecht als Diskriminierungsverbot »dogmatisch eingeschrieben« und ziele auf »gleiche Anerkennung« in immer neuen Problemfällen ab. Sie verschweigt nur leider, daß dabei die wichtigste Gleichheit unter den Tisch fällt: daß alle Kinder eine eigene Mama und einen eigenen Papa haben, ganz gleich, von wem und aus welchen Gründen sie wie gezeugt wurden. Niemand anderes als Frau Professor selbst macht mit ihrer verrückten Argumentation den Menschen zum bloßen Mittel: die Kinder nämlich, um deren Schicksal sie sich einen Dreck schert und denen man beliebige Lebensumstände aufdrücken kann, die zufällig im Interesse irgendwelcher sexueller Randgruppen liegen. In was für einer Dekadenz leben wir, daß solche Phantasien auf Staatskosten gezüchtet und verbreitet werden dürfen? Daß wir uns unmöglich machen vor dem großen Rest der Welt, der zum Glück nach wie vor anders tickt, und nicht nur in Rußland?
III.
In ihrem erfolgreichen Buch Das Drama des begabten Kindes erklärt die Autorin und Psychoanalytikerin Alice Miller den rapiden Zuwachs von Depressionen in unserer Zeit damit, daß das Leben in mehreren, gleichzeitig existierenden Wertesystemen enorm erschwert wird. Der Halt im eigenen Selbst, und das heißt bei Miller, der lebensnotwendige Zugang zu den eigenen Bedürfnissen und Gefühlen, die Fähigkeit, sie zu artikulieren, wird immer schwieriger. Früher, in abgeschirmten Wertesystemen, half der Zusammenhalt der Gruppe mit. Wenn heute dem Menschen der Halt im eigenen Selbst versagt bleibt, droht die Depression, und das oft lebenslang. Und wo bleibt nach Alice Miller dem Menschen wohl der Zugang zu sich selbst am häufigsten versagt? In narzißtischen Verhältnissen, wo ein Elternteil oder beide vor allem auf sich selbst und ihre eigene Triebbefriedigung bezogen sind und nicht auf das Kind. Wo das Kind von klein auf lernt, seine eigenen Triebe und Bedürfnisse zugunsten der Eltern zurückzustellen, wie zum Beispiel das Bedürfnis nach seinem zweiten Elternteil …
In Zeiten der äußeren und inneren Pluralisierung, der Zunahme globaler Einflüsse und der Vervielfältigung unserer Lebenswelten käme es erst recht darauf an, die daraus entstehenden Zumutungen zu kompensieren. Und zwar durch das beste Mittel, das es gibt. Das ist eine liebevolle Kindheit mit stabilen Beziehungen möglichst zu den eigenen Eltern, die ausreichend Zeit haben, die Bedürfnisse der Kinder vollauf zu befriedigen (in den frühen Jahren sollte das die Mutter tun), so daß das Kind für sein Leben lang »satt« ist und sich derart gestärkt allen kommenden Herausforderungen stellen kann. Anders geht es bekanntlich nicht. Es ist verrückt, diese Notwendigkeit völlig zu ignorieren und ein lebenslang anhaltendes seelisches Massenelend heraufzubeschwören, welches aus dem »Recht auf Anerkennung« neuer, ungleicher »Familien«-Formen folgen würde. Dieses Recht gibt es nicht, denn Anerkennung »gehört zur Selbstdarstellung der anderen«, wie der Rechtsphilosoph Gerd Roellecke betont hat. Und wie man nicht oft genug wiederholen kann.
Die geforderte »Gleichbehandlung« hat, wie alles, ihren Preis, hier in Form einer dramatischen und verschwiegenen, künstlich erzeugten Ungleichheit. Menschen, die auf eine glückliche Kindheit mit eigenen, nicht narzißtisch auf das gleiche Geschlecht fixierten Eltern zurückblicken können, haben gute Chancen, einigermaßen entspannt auf der Siegerstraße durchs Leben zu fahren. Das weiß und beachtet jeder kluge Personalberater bei seiner Kandidatenauswahl, indem er wie nebenbei den Bewerber nach der Intaktheit seiner Herkunftsfamilie fragt. Die anderen, die schon in den ersten drei Lebensjahren Pech hatten und es nie auf die Siegerstraße schaffen, werden sich künftig bei Leuten wie Frau Professor Sacksofsky bedanken dürfen, die ihren morbiden Gleichheitsterror mindestens solange betreiben würde, bis die Deutschen ausgestorben sind oder nur noch aus seelischen Krüppeln bestehen. Diese biopolitische Grausamkeit, erdacht ausgerechnet von einer Frau, wird uns deshalb so kritiklos präsentiert, weil es sich bei den Opfern ja »nur« um Deutsche handelt, die ihren Anspruch auf Gleichbehandlung mit anderen Völkern dieser Erde bekanntlich verwirkt haben. Vor lauter Eifer merkt Frau Sacksofsky gar nicht, daß wir den Artenschutz, den sie uns verwehren möchte, überhaupt nicht brauchen, besser gesagt, daß man einen Artenschutz für Deutsche nur dann ablehnen kann, wenn man der Meinung ist, irgendjemand hätte die Macht, ihn zu gewähren oder zu verweigern.
Mir persönlich ist diese Sichtweise neu. Ich wüßte nicht, wer eine solche Macht oder ein solches Recht besäße. Vor allem dachte ich immer, daß die Menschenrechte so eine Art Artenschutz wären, die, so verstehe ich Frau Sacksofsky, für uns Deutsche plötzlich nicht mehr zu gelten brauchen. Ich kannte den Artenschutz ganzer Völker bzw. seine Verweigerung bislang nur in der Form, daß zum Beispiel die Nazis den Juden, Polen und wem sonst noch alles den »Artenschutz« absprachen, um den sie niemand gebeten hatte …
Daß Frau Sacksofsky Karriere macht, während sie uns einen Artenschutz abspricht, um den wir sie nicht gebeten haben, verheißt nichts Gutes. Man muß sich nur antifaschistisch und antinationalistisch genug gebärden, damit die Vereinigung mit dem bekämpften Gegenteil sich unbemerkt vollziehen kann – unbemerkt und zugleich vor aller Augen. Auch der Führer war der Meinung, daß unsere Tage zu Recht gezählt seien.
]]>Der Mob marschiert nicht mehr, er agitiert. Jeden Tag, fast überall in Deutschland, besonders in den Großstädten. Es ist ein Mob, der durch alle Schichten geht, der von ganz oben bis ganz unten reicht und von »meinungsbildenden« Intellektuellen angeführt wird, die bekanntlich weder Putzfrauen oder Friseurinnen noch LKW-Fahrer oder Waldarbeiter sind. Ein Mob, der von den Medien und von zahlreichen staatlichen bis halbstaatlichen Institutionen motiviert und angefeuert, ja, gewollt und bestellt wird. Dieser Mob agitiert mit ansteigender Aggressivität. Natürlich ist er gegen Pogrome, aber bei näherem Hinsehen ist er nur gegen Pogrome, die nicht in seinem Sinne wirken, denn andere begrüßt er mit erstaunlicher Offenheit. Er ist dafür, daß Leute mit abweichenden Meinungen ausgegrenzt, mundtot gemacht und verfolgt werden, sobald sie dem eigenen ideologischen Vormarsch im Wege stehen. Wenn diese Anderen als Feinde von Frauen, Ausländern, Schwulen, Lesben oder ADHS-Erkrankten identifiziert werden. Obwohl, bei den Ausländern kommt es ein bißchen auf ihre Religion an. Und auf ihre Ideologie. Christen anzugreifen ist nicht so schlimm wie Muslime. Und »rechte« Ausländer verdienen natürlich auch keine Schonung. »Rechte« zu outen, zu diffamieren, ihnen ihre Existenzgrundlage zu entziehen und sie tätlich anzugreifen, ist besser, als es nicht zu tun. Der Mob ist prinzipiell in Pogromstimmung gegen alle Leute, die ihm nicht in den Kram passen. »WTF« (für What the fuck!?), heißt es im Internet, sobald es von den Feinden der eigenen Gesinnung ein neues Lebenszeichen gibt.
Die Bürgerkriegsstimmung, in die sich dieser Mob in Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern hineinsteigert, schreit nach einem befriedenden Wort der jeweiligen Staatsoberhäupter, aber auf dieses Wort werden wir nach Lage der Dinge vergeblich warten. Statt dafür zu sorgen, daß die Bürger sich vertragen, statt den täglich eskalierenden Kampf um Abtreibung, Einwanderung, Homosexuellenrechte, Genderismus, Feminismus, künstliche Befruchtung und was da sonst noch alles kommen mag wenigstens zu dämpfen, beteiligen sich auch die obersten Repräsentanten der europäischen Völker am Kampf gegen deren Zukunft. Präsidentengattin Wulff brachte pressewirksam vorpubertäre Schulkinder mit Dildos in Kontakt, und Bundespräsident Gauck boykottiert jetzt die Olympischen Winterspiele in Sotschi. Warum? Vermutlich, weil Rußland es wagt, anders zu sein als Deutschland. Weil die ganze Welt so werden soll wie Westeuropa und Nordamerika – mit sinkenden Geburtenraten, mit sozialer Atomisierung, mit Dekadenz und Verblödung, mit religiöser Taubstummheit, mit ultrasozialistischem Regelungswahn und sinnlos explodierendem Konsum auf Pump. Rußland schließt eine lächerliche Gesetzeslücke im Kampf gegen jugendgefährdende Pornographie entsprechend den auch im Westen üblichen Altersgrenzen und verhindert neben der heterosexuellen auch die homosexuelle Pornographie für bestimmte Altersgruppen zu bestimmten Tageszeiten. Und was tut der fortschrittliche Westen? Er schreit auf gegen »Homophobie« und beschimpft »Zar Putin«, der sich nicht mit dem zum »Wandel« umgelogenen demographischen Niedergang abfinden will, als den finstersten Reaktionär aller Zeiten. Der Westen kann nicht einmal zwischen Homosexualität und Homosexuellen unterscheiden, zwanghaft muß er aber die zartesten Bedenken gegen die Sache selbst in einen Angriff auf die von ihr betroffenen Personen umdeuten. Und den Rest der Welt glaubt diese dumme Meute, die unsere eigene ist, eines Besseren belehren zu müssen.
Die EU zahlt 6.000 Euro Prämie für einen einzigen integrierten Flüchtling. Für europäische Kinder zahlt sie natürlich keine 6.000 Euro. Die wenigen Kinder, die in Zeiten der Pille überhaupt noch geboren werden könnten, versucht sie vielmehr mit einem »Menschenrecht auf Abtreibung«, mit frühkindlicher Sexualerziehung (s.o.), vor allem aber mit einer flächendeckenden Propaganda für Promiskuität und Homosexualität (siehe »Estrela-Bericht«) zu verhindern. Das Geschrei, daß es in den Medien gäbe, wenn etwa 6.000 Euro für jedes neugeborene deutsche, spanische oder französische Kind gezahlt würden, wovon wir natürlich nur träumen können, kann sich inzwischen jeder vorstellen, der noch weiß, daß eine Familie aus Mama, Papa, Kind besteht und daß sie etwas Schönes ist trotz mancher Ausreißer, die bekanntlich überall vorkommen, wo es noch richtige Menschen gibt und nicht nur Maschinen, Fachidioten und größenwahnsinnige Weltverbesserer wie die frühere Ministerin Zypries, die allen Ernstes glaubt, daß der säkulare Staat kein Schicksal mehr kenne. Viel eher könnte sie glauben, daß die Welt eine Scheibe ist, denn das würde wenigstens einer gewissen Anschauung entsprechen, während ihre narzißtische Anmaßung, mit einer Handvoll Erfindungen und Gesetzesmaßnahmen das Schicksal ausknipsen zu können, jeglicher Anbindung ans wirkliche menschliche Leben auch in der Spätmoderne vollständig entbehrt.
Wenn Jürgen Elsässer in Leipzig eine Konferenz abhält, die den Titel trägt »Für die Zukunft der Familie! Werden Europas Völker abgeschafft?«, dann wird den angekündigten Podiumsgästen Peter Scholl-Latour und Eva Herman von den Gegnern dieser Veranstaltung so lange eingeheizt, bis sie ihre Teilnahme absagen. Die Gegendemonstranten versuchten mit Parolen wie »Eure Familie kotzt uns an« die Halle zu stürmen und trommelten gegen deren Metallwände, ohne daß die Polizei sie daran gehindert hätte. Die russische Rednerin Jelena Misulina, die auf ihrem Weg zur Veranstaltung von den Demonstranten sogar getreten wurde, stellte nüchtern fest, daß diese intoleranten, aggressiven und gut organisierten Leute nicht mehr die schwachen Schwulenvertreter von früher seien und man sie deshalb auch nicht mehr in Schutz nehmen müsse. Der Schwulenaktivist Wanja Kilber stürmte später in der Halle auf die Bühne und warf Misulina vor, das Blut von homosexuellen oder transsexuellen Jugendlichen, die angeblich getötet wurden oder Selbstmord begingen, an ihren Händen zu haben. Damit ist klar, auf welche Ebene die Gegendemonstranten die Auseinandersetzung heben wollen. Es geht ihnen um Blut, um Leben und Tod. Thilo Sarrazins Wohnhaus wurde mit Farbbeuteln beworfen, weil er sich nicht hatte einschüchtern und von seinem Auftritt in Leipzig nicht hatte abbringen lassen, und der Berliner Tagesspiegel kommentierte den Angriff auf das Haus des verdienstvollen früheren Senators im Hinblick auf seine Teilnahme an der »homophoben« Veranstaltung mit unverhohlenem Verständnis, als ob die Beschädigung seines Hauses nicht nur erlaubt, sondern geradezu geboten wäre.
Mit dieser Haltung ist der Tagesspiegel nicht allein. Die Gewalt, gegen die man täglich predigt, wird zugleich sehnlich erwartet, wenn sie sich denn nur gegen Deutsche und nicht gegen Ausländer richtet. Die neuen Barbaren sind nicht etwa jene aggressiven »Menschen mit Migrationshintergrund«, denen die Zivilgesellschaft deutschfeindliche Freifahrtscheine ausgestellt hat, sondern jene, die uns, die eigenen Leute, ans Messer liefern und jeden Verteidigungsimpuls als »rechts« zu verunglimpfen und im Keim zu ersticken versuchen. Wenn unsere öffentlich wirkenden Intellektuellen über die von ihnen lizensierten Angreifer schreiben, »sie sind jung, mutig, mobil, hungrig, risikobereit, initiativ«, wie es ebenfalls im Tagesspiegel über Jugendbanden hieß, die in den Berliner U-Bahnen über wehrlose Einzelpersonen herfallen, und dann fortfahren: »Solche Menschen braucht das Land [...]. Lieber ein paar junge, ausländische Intensivtäter als ein Heer von alten, intensiv passiven Eingeborenen«, dann sind unsere scharfrichterlich ambitionieten Medienintellektuellen, die sich vor lauter sadomasochistischen Zerstörungsfantasien nicht mehr einkriegen, solange sie ihnen nicht persönlich erliegen müssen, dann sind diese Medienleute und nicht unsere verirrten und zur Lynchjustiz herzlich eingeladenen jungen »Menschen mit Migrationshintergrund« die neuen Barbaren.
Der Mord von Kirchweyhe wurde, das ist in solchen Fällen längst üblich, mit einem noch intensiveren »Kampf gegen rechts« beantwortet, und damit waren die Täter von vornherein entschuldigt. Logisch, daß wir unsere Gerichte nicht zur Bestrafung von Morden an Deutschen brauchen, die von Geburt rechts sind es nicht besser verdient haben. Diese Deutschen sind aber seltsamerweise immer nur die anderen. Noch hat kein Deutscher mit dem Finger auf sich selbst gezeigt, jedenfalls, keiner, der sich in diesen Fragen Autorität anmaßt und irgendwas mit Medien macht. Eine Frankfurter Juristin namens Ute Sacksofsky phantasierte jüngst in einem unserer einst vornehmsten Organe, in der Zeitschrift Merkur, darüber, daß das Aussterben der Deutschen ja gar nicht so schlimm wäre, weil dann ihr Territorium anderen überlassen oder der Natur zurückgegeben werden könnte. Der deutsche Staat dürfe im Rahmen seines »Neutralitätsgebotes« keine positive Bevölkerungspolitik betreiben. Der Beitrag von Frau Professor strotzte nur so vor Neid auf die schmalen finanziellen Vergünstigungen, die andere Leute für ihre Kinder bekommen. Die Autorin hat selbst offenbar keine und kann daher die Deutschen umso hemmungsloser in die Tonne treten, diese seltsamen Menschen dritter Klasse, die nach zwei Weltkriegen ärgerlicherweise immer noch nicht von der Bildfläche verschwunden sind, aber von jetzt an ganz Europa finanzieren sollen.
So, nun haben wir den notwendigen Rahmen abgesteckt, der uns hilft, das Folgende besser einzuordnen. An der Ruhr-Universität Bochum sprengen linksradikale Studenten in Weihnachtsmannkostümen eine juristische Vorlesung, um einen »rechten« Studenten zu outen, und schlagen in dem dabei entstehenden Tumult dem Professor ins Gesicht, der sie des Saales verweisen will. Eine Webseite wie »Macker Massaker« darf ohne jede staatliche Gegenmaßnahme erstens ihren zu brutaler Gewalt aufrufenden Namen tragen und zweitens wie im vergangenen Jahr in Düsseldorf die Parole »Männerkongreß unmöglich machen« ausgeben, so daß Kriminalpolizei und Staatsschutz die Veranstalter desselben vor gewaltsamen Übergriffen warnten, und das alles, weil auf diesem Kongreß Gerhard Amendt sprechen sollte, der ehemalige Leiter des Instituts für Geschlechter- und Generationenforschung an der Universität Bremen, der jüdischer Abstammung ist. Amendt, ein untadeliger und international angesehener Wissenschaftler, Autor der Edition Sonderwege, unterscheidet nicht nur zwischen Frauenwohl und Feminismus, sondern auch zwischen Frauenwohl und Frauenquote, aber das allein macht ihn für die an deutschen Universitäten tonangebenden Radikalfeministen zum Objekt ihres so sinnlosen wie kostenintensiven Vernichtungsfeldzuges. Die Universität Düsseldorf ließ sich ausnahmsweise nicht einschüchtern. Anders ging die Universität Trier im Jahre 2011 mit dem israelischen Militärhistoriker Martin van Creveld, ebenfalls ein Jude, um. Auf Druck von mehr als einem Dutzend studentischer Hochschulgruppen wurde er als Visiting Fellow des Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums entlassen, nachdem seine Thesen in einem Protestbrief als »frauenfeindlich, militaristisch, latent antiisraelisch, nicht zuletzt vulgärwissenschaftlich und methodisch primitiv« gebrandmarkt worden waren.
Dieses unsägliche Spiel, das der Freiheit von Forschung und Wissenschaft ebenso hohnspricht wie der besonderen Pietät, die wir uns dem jüdischen Volk gegenüber angeblich angewöhnt haben, wiederholte sich jüngst an der Technischen Universität Berlin. Die Fachschaft der TU hatte in Zusammenarbeit mit der Fakultät Wirtschaft und Management eine Veranstaltung mit Kurzvorträgen und Podiumsdiskussion zum Thema »Zwischen Gleichberechtigung und Gleichmacherei – brauchen wir eine gesetzliche Frauenquote?« anberaumt. Eingeladen waren Thomas Sattelberger, ehemaliger Vorstand der Deutschen Telekom, Erik Marquardt, Mitglied der Kuratoriums der TU Berlin, Florian Schilling, Partner bei Board Consultants International, und Johannes Schneider, Tagesspiegel-Redakteur. Mit Gerhard Amendt und Bernhard Lassahn waren darüber hinaus zwei Autoren der Edition Sonderwege angekündigt. Lassahn ist ein durch und durch freundlicher Mann, dem irgendwann, nachdem er Vater geworden war, auffiel, daß beim Umgang unserer Gesellschaft mit Kindern und Familie mehr schiefläuft, als er für möglich gehalten hätte. Lassahn kritisiert im Interesse der Institution Familie den offenen Krieg zwischen Mann und Frau, den nicht etwa die Männer vom Zaun gebrochen haben, sondern radikalfeministische Frauen mit beliebig starker Unterstützung von interessierter Seite.
Der »Blog der Marxistisch-Luhmannistischen Bildungsbrigade« aber schrieb, da sei mit dem angekündigten Podiumsgespräch an der TU Berlin »eine unglaubliche kackscheiße im anrollen«, gegen die man rechtzeitig mobilisieren müsse, damit diese »antifeministen und maskulisten übelster sorte« gar nicht erst zu Wort kommen: »die moderation übernimmt ein blassierter [!] typ mit wichtig klingendem namen.« Aufgefordert wurde zum Vorbeikommen und Pöbeln. Kreativ sollte der Protest abgehen, gern auch unter Einfluß alkoholischer Lockerungsmittel. Das ist das Niveau, das heute ausreicht, um eine Hochschulveranstaltung zu sprengen, deren Initiatoren nach der klaren Ansage kleinlaut den Rückzug antraten. Kleinlaut gegenüber den pöbelnden Kommilitonen, soweit die überhaupt studieren, und aufrecht-entschieden natürlich nur gegenüber ihrem Gast Gerhard Amendt, den sie kurzerhand ausluden.
Die wegen Amendts Einladung angefeindete Fachschaft übte sich auf Facebook in der gewünschten Selbstgeißelung. »Was haben wir falsch gemacht?«, heißt es dort. »Wir bedanken uns für die Kritik und haben daraus gelernt. […] Dass viele Menschen die Einladung eines solchen Herrn als Beleidigung aufnehmen könnten, war uns nicht bewusst. Dort haben Weitsicht und Feingefühl unsererseits gefehlt. Darüber haben wir noch einmal viel diskutiert und unseren Ansatz überdacht. Wir sehen ein, dass es falsch war, einem Redner mit solch radikalen Einstellungen eine Bühne zu bieten, und haben Prof. Amendt daher ausgeladen.« Amendt schrieb seinerseits an die Fachschaft folgenden Brief, den er auch dem Präsidenten der TU zur Kenntnis gab:
»Meine Ausladung […] ist als respektvoller Versuch angelegt, mein Einverständnis dafür zu erlangen, dass meine Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und Wissenschaftsfreiheit suspendiert wurden. Allerdings steht es nicht meinem Belieben, so etwas hinzunehmen, so wenig es in Ihrem steht, sich dem inneruniversitären Druck, den anonymen Drohungen aus dem Internet wie Teilen der Berliner Szene zu unterwerfen, die Beschneidung von Freiheitsrechten immer dann fordern, wenn Geschlechterbeziehungen jenseits von Platituden und Feindbildern erörtert werden sollen.
Bedauerlicherweise beugt sich auch die Leitung der TU diesem Druck, statt dem Verhalten des Rektorats der Heinrich-Heine-Universität von 2008 und 2010 zu folgen, der unerschrocken zweimal Randalierwillige und Diskussionsverweigerer mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen in die Schranken des Rechtsstaates verwiesen hat. Und es dürfte abermals die Berliner Gleichstellungsbürokratie sein, die diesmal ein Drohszenarium vor Ort ausgebreitet hat. Nochmals: Weder darf ich Ihnen die Verletzung meiner Grundrechte nachsehen, noch haben Sie oder die Universität ein Recht, solche Verletzungen hinzunehmen.
Außerdem ist nicht nachvollziehbar, warum meine Quotenkritik zurückgewiesen wird. Kritisiere ich doch, dass die Quote Frauen ausnahmslos neuerlich dem traditionsreichen Verdacht aussetzt, dass sie es außerhalb der Familie allein nicht schaffen, sondern ein fördernder Ehemann oder staatliche Hilfe vonnöten seien, damit sie es schaffen. Das habe ich in einer kleinen Schrift unter dem Titel: Frauenquoten-Quotenfrauen. Einem geschenkten Gaul … dargestellt. Wahrscheinlich hat keiner der Kritiker das gelesen. Und entgangen scheint diesen ebenso, dass in Wien Medizinstudentinnen sich bereits gegen staatliche Bevorzugung wehren, weil sie keine Frau Dr. med. quote von Staats wegen werden wollten.
Mehr als das scheinen die diskussionsunwilligen Gegner mir aber nachzutragen, dass ich 2009 mich gegen Frauenhäuser aussprach. Allerdings unterschlagen sie, dass ich stattdessen für Zentren für Familien mit Gewaltproblemen plädiert habe, die allen Familienmitgliedern professionelle Hilfe jenseits von politischen Ideologien leisten. Wer auf Feindbilder verzichten und sich mit meinen Analysen der Geschlechterverhältnisse auseinandersetzen will, dem empfehle ich Von Höllenhunden und Himmelswesen (November 2013). Es ist ein Plädoyer für eine neue Geschlechterdebatte, die auf Diskussion beruht und fremde Meinungen ertragen kann. Für den Abschied von Klischees über Gewalt in Geschlechterbeziehungen eignet sich auch das 2014 erscheinende aus dem Englischen übersetzte Handbuch über Familiäre Gewalt und Interventionen.
Völlig unverständlich ist mir, wie angehende Akademiker sich von ›Meinungen‹ beleidigt fühlen können. Die Universität beruht gerade darauf, dass selbstverständlich Erscheinendes auf unhinterfragte Voraussetzungen reflektiert wird. Wer das nicht als privilegierte Chance für neue Erfahrungen erlebt, sondern sich davon beleidigt fühlt, der verkennt das Wesen der kritischen Analyse. Der sollte die Universität verlassen, denn anders wird er seine festgefahrenen Ansichten vor dem Einbruch fremder Perspektiven nicht schützen können.
Sie hoffen in Ihrer Email, dass ich ›ihre Lage nachvollziehen‹ kann. Gewiss, aber ich messe Sie an ihrem politischen Verhalten. So mutig Ihr Unterfangen anfangs war, so haben Sie vergessen, dass Grundrechte wieder im Alltag auch kämpferisch bestätigt werden müssen.
Bitte veranlassen Sie, dass innerhalb der TU und den sozialen Netzwerken, sowie Personen und Organisationen dieses Schreiben zur Verfügung steht. Selbstverständlich werde auch ich diesen außergewöhnlichen Vorgang der Öffentlichkeit und der Presse in geeigneter Weise zur Kenntnis bringen. Ebenso bitte ich Sie, mein Schreiben den verbliebenen Podiumsmitgliedern umgehend zur Verfügung zu stellen. Denn wahrscheinlich wollen weder der Schriftsteller, Bernhard Lassahn, der Redakteur des Tagesspiegel, Johannes Schneider, Dr. F. Schilling, Partner bei Board Consultants International, noch Thomas Sattelberger, ehemaliger Vorstand Deutsche Telekom, an einem durch Zensur ausgedünnten Panel sich beteiligen.
Es ist bedrückendes Symptom, dass alle Welt dieser Tage über die Frauenquote spricht, dass aber ausgerechnet an der TU Berlin, Genderforscher und Frauenbeauftragte eine von Studenten initiierte Debatte abwürgen, ohne dass die Universität sich geschlossen gegen die Verletzung der Wissenschafts- und Meinungsfreiheit stellt?
Mit besten Grüßen – Prof. Dr. Gerhard Amendt«
Herr Marquardt vom Kuratorium sagte ab, weil Amendt ein »übermäßiges Geltungsbedürfnis […] auf dem Rücken der Opfer von Rassismus, Sexismus und häuslicher Gewalt« auslebe. Als Amendt ausgeladen war, wandte sich der Mob gegen Bernhard Lassahn, der angeblich den Frauen ihr Selbstbestimmungsrecht abspräche – ein frei erfundener Vorwurf. Lassahn sagte aus Protest gegen die Behandlung von Amendt ab. Die Veranstaltung fand nicht statt. Es gibt viele ernstzunehmende Leute, die längst gemerkt haben, was los ist, so zum Beispiel den Bischof von Chur, der dieser Tage sagte: »Mit großer Sorge sieht die Kirche, dass in öffentlichen Diskussionen und in den Medien mehr und mehr nur noch die Argumente des Genderismus toleriert werden. Wer anders denkt, wird gesellschaftlich ausgegrenzt und muss mit juristischen Sanktionen rechnen. Auf diese Weise werden die Grundrechte des Menschen bezüglich Religion und freier Meinungsäußerung zunehmend beschnitten.«
Aus dem Schloß Bellevue aber dringt kein Mucks. Der Bundespräsident, zu dessen vornehmsten Aufgaben es gehört, dafür zu sorgen, daß, wenn schon nicht die Deutschen, dann wenigstens die »Menschen in Deutschland« ein Wohlergehen haben, daß sie sich schlicht und einfach vertragen und ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung uneingeschränkt ausüben können, dieser Bundespräsident schweigt, obwohl es längst um unsere Existenz geht, um Kinder, Familien und Zukunft. Das Schweigen des Bundespräsidenten läßt nichts Gutes ahnen.
]]>Am 30. Juli hat Deutschlandradio Kultur mein Politisches Feuilleton zum »Recht auf Kinder« für gleichgeschlechtliche Paare gesendet. Meine Hauptthese: Ein Recht auf Kinder gibt es für niemanden, denn Kinder sind eine Frucht der Liebe, sie sind ein Geschenk und deshalb kein beliebig produzierbares oder zuteilungsfähiges Gut. Wer gar durch künstliche Befruchtung Gleichheit »herstellen« will, belastet die so entstehenden Kinder mit vorhersehbaren seelischen Schäden.
Immer öfter wird behauptet, dieses oder jenes gleichgeschlechtliche Paar habe »ein Kind bekommen«. Das ist natürlich glatt gelogen. Ein Kind hat einer der beiden Partner zusammen mit einem ausgeschlossenen Dritten bekommen, nach dem in den Medien nicht gefragt wird, und zwar nicht einmal dann, wenn die Mutter der ausgeschlossene Dritte ist. Nicht alle gleichgeschlechtlichen Eltern enthalten dem Kind das zweite Elternteil vor, fast immer aber tun es die Medien, die das Problem durch Schweigen rücksichtslos weglügen. In meinem Beitrag heißt es:
»Das Kind gleichgeschlechtlicher ›Eltern‹ muss ein Elternteil entbehren. Auf dessen Platz wird ihm eine Person präsentiert, mit der es nichts zu tun hat. Ähnliches kennen wir von Kuckuckskindern, Scheidungskindern und Halbwaisen. Dort gilt es aber als trauriges Schicksal. Von nun an werden diese traurigen Kinderschicksale zwecks Gleichstellung von sexuellen Präferenzen vorsätzlich herbeigeführt − ein grausames Novum in der Geschichte der Menschheit.«
Zu meinem Beitrag geht es hier. – Wer tiefer in das Thema einsteigen will, dem empfehle ich meinen kürzlich erschienenen Artikel »Herr Sibelius ist Mutter geworden« in Die Neue Ordnung, 67. Jg., Heft 3 (Juni) 2013, S. 195−206.
]]>Kleine Kinder brauchen Zuwendung. Ihre Mütter befiehlt der Staat aber »in die Produktion«. Immer mehr Frauen gehorchen dieser neuen »Verhaltenslehre der Kälte«. Wo die Liebe fehlt, erleidet der Nachwuchs lebenslange psychische und physiologische Beschädigungen. Dieses alte Wissen bestätigte jetzt mit großer Einmütigkeit eine iDAF-Konferenz zum Thema »Bindung – Bildung – Gewaltprävention«. Die von Jürgen Liminski organisierte und moderierte Tagung des Instituts für Demographie, Allgemeinwohl und Familie e.V. mit rund 300 Teilnehmern fand am vergangenen Freitag im Haus der Hanns-Seidel-Stiftung in München statt. Christine Haderthauer (Bayerische Staatsministerin für Arbeit & Sozialordnung, Familie & Frauen) steuerte ein Grußwort bei. Das Programm der Tagung kann man hier nachlesen.
Eine steigende Zahl von Schülern schlägt ihre Mitschüler und Lehrer. Eine steigende Zahl von Schülern säuft, prügelt und erpresst. Sie prügelt mit einer Fühllosigkeit und Brutalität, die Staunen macht. Der Amoklauf ersetzt die Rauferei von einst, und das auch in den Ferien fortgesetzte Cybermobbing verdrängt den Wettbewerb um die besseren Noten. In dem neuen Ausmaß von Gewalt geht die Demokratie zur Tyrannis über. Kennzeichen dieses Übergangs sind schon bei Platon nicht nur die Söhne, die ihre Väter schlagen, sondern auch die Esel, die mitten auf der Straße stolzieren müssen.
Angesichts dieser Entwicklung wirkte es ein wenig überraschend, dass Peter Dathe, Präsident des bayerischen Landeskriminalamtes, in seinem Eröffnungsvortrag über Jugendgewalt in Bayern auf sinkende Kriminalitätszahlen verwies. Eine Bereinigung um den demografischen Faktor wollte er allerdings nicht einmal auf Nachfrage vornehmen. Auch wollte er nicht die Möglichkeit berücksichtigen, dass nicht die Taten selbst, sondern bloß die Anzeigen zurückgegangen sein könnten. Josef Kraus, Leiter eines Gymnasiums und Präsident des Deutschen Lehrerverbands, widersprach. Die tägliche Praxis zeige, dass die Anlässe schulischer Gewalt nichtiger werden und ihre Formen roher.
Die Alternative zur Aggression ist die Depression, die für Mitmenschen so bequeme Anspruchs- und Bedürfnislosigkeit. Dahinter verbirgt sich aber dieselbe emotionale Lähmung. Eine andere Alternative heißt »Sex oder Gewalt«. Spontane Gewaltausbrüche können innere Spannungen vorübergehend lösen, und insofern entsprechen sie strukturell der bindungslosen, promisken Sexualität, die ebenso viel Suchtgefahr birgt wie das überreaktive, leicht zur Gewohnheit werdende Zuschlagen. Wenn es um soziale und schulische Probleme von Kindern und Jugendlichen geht, um Lebensläufe, die im späteren Leben in kriminelle Karrieren übergehen können, gibt es eine Vielzahl von Lösungsansätzen. Den meisten von ihnen liegt der Gedanke zugrunde, dass man nie genug Geld ausgeben, also auch nie genug Geld einnehmen könne. Das ist reine Magie, aber eben deshalb ist sie auch sehr wirkmächtig. Viele beruhigt es offenbar ungemein, wenn sie das Fehlen von Krippen- und Kindergartenplätzen, von Erziehern, Lehrern, Psychologen und Sozialpädagogen beklagen. Und mehr Geld fordern.
Vertraut man dagegen dem überzeugenden Ergebnis der Münchener iDAF-Konferenz, dann wäre mehr Geld überhaupt nicht nötig, sondern nur eine sehr kostengünstige Rückkehr zu uraltem pädagogischem Basiswissen, vulgo Lebenserfahrung. Hirnforschung, Philosophie, Pädagogik und Psychotherapie sind sich vollkommen einig, dass die meisten Probleme von Kindern und Jugendlichen in unbewussten frühkindlichen Beschädigungen wegen fehlender oder gestörter Bindungen wurzeln, wobei die fehlende oder gestörte Mutterbindung die folgenschwerste ist. Oberarzt Karl Brisch stellte eine Formel auf, die er mit eindrucksvollen Videos aus der therapeutischen Praxis belegte: Gesicherte Bindung ermöglicht Weltbezug, nämlich Exploration. Gestörte Bindung dagegen bindet alle Aufmerksamkeit und zieht sie von der Außenwelt ab. Sie verhindert Weltbezug und Exploration. Der Hirnforscher Gerhard Roth beschrieb die entsprechenden physiologischen und chemischen Prozesse des Gehirns, in dem sich alle Erfahrungen ablagern, auch die vorgeburtlichen, als einen Wechsel von Cortisol- und Serotoninproduktion. Für den Stress brauchen wir das von der Amygdala ausgeschüttete Hormon Cortisol, zur Beruhigung das »Glückshormon« Serotonin. Cortisol- und Serotoninproduktion müssen einigermaßen ausgeglichen sein; ein negatives Serotoninsystem zieht eine defiziente Ausbildung des »Bindungshormons« Oxytocin nach sich. Schlimmstenfalls trifft ein hoher Cortisolspiegel auf viel Testosteron – das ist die Biochemie krimineller Gewalt.
Wenn die positive Bindungserfahrung fehlt, ist die Cortisol produzierende Amygdala überaktiv. Es entsteht ein ganzes Bündel von Problemen, wie Roth weiter ausführte, das besonders gut an ADHS-Kindern studiert werden kann. Die Hälfte aller ADHS-Kinder ist gewaltgefährdet, denn motorische Hyperaktivität geht häufig mit verringerter Affekt- und Impulskontrolle, mit einem Gefühl des Bedrohtseins, mit mangelnder Empathie und mit mangelndem Selbstwertgefühl einher. Eine günstige genetische Ausstattung kann die Ausprägung solcher Symptome deutlich vermindern. Wenn aber epigenetische Defizite und frühkindliche Traumatisierungen zusammenkommen, multipliziert das die negativen Auswirkungen im späteren Leben bis hin zur Psychopathologie. Notorische Gewalttäter haben meist mit tiefsitzenden Ausgrenzungs- und Beschämungserfahrungen zu kämpfen: »Hinter jeder zuschlagenden Faust steckt ein wimmerndes Herz.« Auffallend viele harte Jungs, die in kalifornischen Gefängnissen einsitzen, sind Bettnässer. Das Zuschlagen ist die Droge, die das verletzte Selbstwertgefühl kurzfristig beruhigt.
Ein Übermaß an Beschämung führt, wenn nicht in die Depression, zu aggressiver Gegenwehr. Aber eben nur ein Übermaß. Die hohe kulturelle Bedeutung der Scham ergibt sich, wie die Philosophin und Theologin Hanna Barbara Gerl-Falkovitz ausführte, aus der Uneinheitlichkeit des Menschen, aus seiner Zerrissenheit zwischen gattungshafter Animalität und Triebhaftigkeit einerseits und schutzbedürftiger Individualität andererseits: Wer nur als Gattungswesen behandelt wird – als ob er bloß die Summe seiner körperlichen Funktionen wäre –, der verliert das Gleichgewicht von Körper und Selbst. Die Triebe müssen vom Selbst kontrolliert und auf einer höheren Stufe integriert werden, um den Suchgefährdungen zu entgehen, die in ungebremster Sexualität und Gewalt schlummern. Das Selbst braucht Scham, um sich gegen die Impulse des Körpers zu imprägnieren. Scham integriert Seele und Körper. Scham schützt gegen Sucht.
Das geliebte Kind ist aber nicht nur besser vor den Abgründen des Lebens geschützt. Es hat auch mehr Kraft für das Gelingen. Gelingendes Leben setzt voraus, dass dieselben Kräfte, die ungehemmt in die Selbstzerstörung oder in die Zerstörung anderer führen, produktiv genutzt werden können: »Agape besiegt Eros, indem sie ihn erlöst.« (Denis de Rougemont) Das Gute ist in diesem Sinne viel weniger eine Frage der Moral als der Liebesfähigkeit – und damit der Liebeserfahrung. Dieses Wissen nützt nur nicht viel, wenn zu seiner Anwendung die emotionale Ausstattung fehlt. Es gibt eben Dinge, die der Mensch nicht von alleine kann. Ohne die Erfahrung elterlicher Liebe, ohne, dass sich die Persönlichkeit des Kindes im Zuge der »gemäßigten, liebevollen Beschämung durch die Eltern« (Gerl-Falkovitz) entwickelt hat, wird es dem späteren Erwachsenen schwerfallen, sich auf das schönste Versprechen irdischen Lebens zu verlassen: Dass Eros von Agape nicht mit Zwang oder Moral gefesselt werden muss, sondern mit Liebe besiegt werden kann. Genau hierauf zielen aber immer noch und weiterhin die Wünsche und Hoffnungen der Mehrheit aller jungen Leute: auf die stabile Liebesbeziehung und auf die Familie mit Kindern. Da kann die Politik noch so krampfhaft versuchen, mit Gendergetöse die Geschlechterrollen zu verwirren und den bindungsgestörten, marktflexiblen und sozialstaatsabhängigen Single als neues Vorbild zu verkaufen. Gewiss, es gibt keine perfekte Familie. Trotzdem ist die Familie die größte »therapeutische Kraft« in unserem Leben, wie der Erziehungswissenschaftler und Psychologe Albert Wunsch unter Berufung auf Jesper Juul betonte.
Politik und Medien arbeiten trotzdem ungerührt am Verfall und nicht an der Lebensfähigkeit der gezeugten, nicht gemachten Familie. Die allgemeine Fixierung auf das Negative verschärft die – relativ wenigen – Probleme. Die Fixierung auf das Negative führt von der gesunden Familie weg statt zu ihr hin. Die Fixierung auf das Negative bringt zum Beispiel ein Wort wie »Kinderarmut« in Umlauf. Das ist eine Diagnose, die uns einreden will, dass man den betroffenen Kindern nur ohne ihre Eltern helfen könnte. Wer »Kinderarmut« sagt, hat die Eltern schon entsorgt. Gewiss, zehn Prozent der Eltern kümmern sich gar nicht um ihre Kinder, und weitere zehn Prozent kümmern sich zu viel. Die materiell überversorgten, aber emotional verhungernden Kinder reicher Eltern zeigen, so Brisch, übrigens oft dieselben Symptome wie ihre Altersgenossen aus den unteren Problemschichten. »Diese 20 Prozent kosten 90 Prozent unserer Energie«, sagt Josef Kraus. Es geht gar nicht um Armut. Es geht um Liebe.
Weder der Staat im Allgemeinen, noch die Schule im Besonderen können das Versagen der Eltern kompensieren. Schon gar nicht, wenn die schulischen Leistungsanforderungen und die Autorität der Lehrer jahrzehntelang verteufelt wurden. Gerade sie müssten den Kindern die wichtige Möglichkeit geben, sich zu erproben, andernfalls der Weg in die Gewalt umso kürzer wird. Die Ganztagsschule raubt wertvolle, nämlich einzigartig liebevolle Elternzeit. Die Einheitsschule überfordert ein Drittel der Schüler und unterfordert ein anderes (Kraus). Dass egozentrische Eltern froh sind, ihre Kinder so viel wie möglich los zu sein, macht die Zugriffe des Staates keineswegs besser. Besser wäre es, er klopfte den Eltern auf die Finger. Denn weder die Ganztags- noch die Einheitsschule kann die spezifisch elterlichen Pflichten und Fähigkeiten ersetzen, an denen sich seit Pestalozzis Zeiten nichts geändert hat. Sei heißen »Zeit«, »Zuwendung« und »Zärtlichkeit«: »Erziehung ist Vorbild und Liebe, sonst nichts.«
Alle gute Psychologie und Pädagogik pfeift es wie Spatzen von den Dächern, dass Kinder vor allem in den ersten drei Jahren ihres Lebens geschützte Bindung brauchen. Welche Frau, fragte Albert Wunsch, würde sich für einen Mann entscheiden, der ihr als Ersatz für Liebe eng bemessene »quality time« anböte? Schon Jean Paul wusste: »Mit einer Kindheit voll Liebe kann man ein halbes Leben hindurch die kalte Welt aushalten.« Wir sind keine Ich-AGs. Wir sind nicht als Autisten geboren. Wer in seinem Inneren auf die Suche nach sich selbst geht, findet dort nicht viel. Das Ich ist nicht innerlich. Das Ich ist exzentrisch. »Unsere Mitte liegt in einem Du«, sagt Hanna Barbara Gerl-Falkovitz. Wir stehen fortwährend unter Spannung, weil wir unseren Selbstwert nicht aus uns selbst schöpfen können, sondern auf den Zuspruch anderer angewiesen sind. Einem Menschen, dem Bezogenheit und Bindung schwerfallen, fehlt es deshalb auch an positivem und stabilem Selbstwertgefühl. Wenn 55 bis 60 Prozent aller Kinder mit sicheren Bindungen aufwachsen (Brisch), dann kann man die anderen 40 bis 45 Prozent nicht als Ausnahmen abtun. Alle sind und bleiben bedürftig: »Niemand hat je genug bekommen, und wir geben auch nie genug« (Gerl-Falkovitz).
Umso wichtiger ist es, viel zu geben, vor allem Kleinkindern. Davon, ob sie genug Liebe bekommen haben, hängt in ihrem späteren Leben ihre Liebes- und Arbeitsfähigkeit ab, also alles. Auch das Arbeitsleben kommt übrigens nicht ohne geordnete und verlässliche Beziehungen aus, die schwerlich geordnet und verlässlich sein können, wenn im privaten Leben die Liebe fehlt oder gefehlt hat. Kleinkinder, die widersprüchlichen Impulsen ausgesetzt sind, erstarren. Andere, denen sich die Mutter entzieht, zeigen promiskuitives Verhalten. Sie bieten sich schlichtweg jedem an, der in ihre Nähe kommt, wenn auch nicht aus sexuellen Gründen – oder noch nicht. Schon Kleinkinder können die schrecklichsten, subjektiv niemals aufhörenden Ambivalenzen erleben, wenn ihre Eltern eine gestörte Beziehung zu ihnen unterhalten. Jedwede Gemeinschaft, die ihrer eigenen Zukunft lebt, weiß das. Trotzdem gibt sie möglichst viel Verantwortung den niemals perfekten Eltern, weil deren Liebe mehrheitlich instinktsicher, am wenigsten missbräuchlich und unersetzlich ist.
Während die klassische Familie immer mehr diffamiert wird, konfrontiert uns die demografische Krise mit wachsenden quantitativen und qualitativen Nachwuchsproblemen, die die Zuwanderung nicht lösen kann. Unser Staat ignoriert die demografische Krise ja nicht nur. Er verschärft sie, indem er daran arbeitet, Kleinkindern die mütterliche Liebe vorzuenthalten und bereits erwachsene Bürger bindungslos, krank und verrückt zu machen. Wenn die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in ihrer Kampagne »Mach’s mit« oberflächlich für die Benutzung von Kondomen, tatsächlich aber für egozentrischen, bindungslosen Geschlechtsverkehr wirbt, wenn sie bundesweit nicht nur für schnellen Sex und Promiskuität, sondern auch für gestörte Beziehungen wirbt, in denen der double bind regiert und ein höchstens siebzehnjähriges Mädchen, das »es« angeblich »soft« will, mit düsterem Blick und bandgierten Fäusten droht, wenn also eine »Gesundheitszentrale« (dieser Hohn ist kaum zu überbieten) solche Kampagnen inszeniert, dann setzt sie nicht nur auf gestörte Beziehungen, sondern auch auf gestörte Persönlichkeiten.
Sex ohne Bindung reicht offenbar nicht. Es reicht offenbar nicht, dass es leichter ist, mit jemandem zu schlafen, als ihn nach seinem Namen zu fragen, wie Botho Strauß schon im Jahre 1989 in Über Liebe schrieb. Das birgt im Gegenteil die Gefahr, süchtig zu werden, vom verzweifelt Gesuchten ausgesaugt und zerstört zu werden. Wozu sollten wir uns unserer Begierde unterwerfen? Wozu sollten wir andere zu Objekten unserer Begierde machen? Warum wird gleichzeitig der harmloseste Flirt als »Sexismus« verteufelt? Wie dem auch sei, jene jungen Frauen, die sich massenhaft schlitzen, die sich tätowieren und piercen lassen, tun genau das, was die Bundesgesundheitszentrale offenbar von ihnen erwartet: Sie hassen statt zu lieben, vor allem sich selbst. Nach demselben Muster, das der Kodomwerbung zugrunde liegt, müsste die Bundeszentrale auch für Gewalt als Mittel der Konfliktlösung werben. Gewalt geht, genau wie Sex, aber im Unterschied zur Liebe, wunderbar schnell. Nach der zeitsparenden Triebabfuhr stünde der unverzüglichen Rückkehr an den Arbeitsplatz nichts im Wege.
Trotz der Verrücktheiten unserer Tage gehört zu der unumstößlichen Ordnung, in und von der wir leben, das gar nicht so neue Wissen darum, wie sich eine Vielzahl sozialer Probleme vermeiden ließe, mit denen Eltern und Lehrer zu kämpfen haben, bevor ihnen Polizisten, Gefängniswärter und Psychiater die schwersten Fälle abnehmen. Wo Partnerschaftsprobleme künstlich gezüchtet werden, lassen Erziehungsprobleme nicht lange auf sich warten. Erziehungsprobleme führen wiederum zu Partnerschaftsproblemen. »Aus beidem zusammen entstehen Problemkinder, die mit Aggression oder Depression auf sich aufmerksam machen.« (Wunsch) Liebevolle Eltern sind unersetzlich (Kinder hören zwar nicht auf sie, machen ihnen aber alles nach). Die meisten Eltern sind liebevoll, und viele andere könnten es mit ein paar guten Ratschlägen sowie mit weniger Zeit- und Konsumdruck bestimmt leicht werden.
Die drei Imperative für elterliche Liebe und Erziehung lauten »wohlwollend«, »vorlebend« und »konsequent«: »Konsequenz ohne Wohlwollen ist Härte, Konsequenz ohne Vorleben ist Lüge, und Wohlwollen ohne Konsequenz ist Feigheit.« (Albert Wunsch) Wer von den eigenen Eltern weder geliebt noch gefordert wird, sucht sich Anerkennung und Herausforderung bei der »Peergroup«, im politischen Extremismus oder im Islam. Ein grausamer Staat, der alles daran setzt, ganzen Generationen die frühkindliche Mutterliebe zu entziehen, überschätzt seine Möglichkeiten seelischer Reparatur. Um von dem Zynismus nicht zu reden, der sehenden Auges die Reparaturbedürftigkeit riskiert. Der Staat muss selbst für eine Betreuung sorgen, die im Vergleich zur Mutter- und Elternliebe immer nur minderwertig sein kann. Später muss er unendlich viel Aufwand in die oft vergeblichen Heilungsversuche frühkindlicher Beschädigungen stecken. Der einzig gesunde Betreuungsschlüssel, der nach dem spontan zum »Bindungsguru« ernannten Karl Brisch bei höchstens drei Kindern durch einen Erwachsenen liegt, ist in großem Stil unbezahlbar. Selbst wenn er bezahlbar wäre, könnte er nicht die jahrelange Bindung an dieselbe Bezugsperson sicherstellen. Dabei wäre alles so einfach: Liebe, Liebe und nochmals Liebe. »Emotionen sind die Architekten des Gehirns«, zitierte Jürgen Liminski den amerikanischen Bindungsforscher und Kinderarzt Stanley Greenspan. Mit Liebe geht alles. Ohne Liebe geht nichts.
]]>Homo-Ehe und Adoptionsrecht für Homosexuelle sind das Symptom einer tiefen Krise. Der totalitäre Angriff auf das Leben, auf unsere Werte und Institutionen geht über die Forderungen weit hinaus. Die Flucht nach vorn findet kein Ende. D.E.d.E. dokumentiert eine weitere Stimme der vielfältigen französischen Debatte.
Vorbemerkung von Andreas Lombard
In diesen Tagen meint die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« im französischen Widerstand gegen die Homo-Ehe eine »neue Allianz« zu erkennen, in der sich »alte Reaktion und neuer rechter Nihilismus« zur »Ablehnung der Moderne und der Rationalität« vereinten. Nils Minkmar, Leiter des Feuilletons, bezeichnet es als einen »Grund zur Sorge«, dass sich das »ländlich-katholische Frankreich der Handwerker, kleinen Selbstständigen und Notablen mit seiner gemütlichen, aber tendenziell intoleranten bis bornierten [!] Weltanschauung« der Homo-Ehe verschließt. Im Rahmen einer Großdemonstration mit hunderttausenden Teilnehmern genügen ihm ein paar hundert randalierender Jugendlicher und 36 Leichtverletzte, um »Auswüchse von Gewalt« zu beklagen. Es gehe doch nur um »bekennende Homosexuelle« und um »eine gesetzliche Regelung der Krankenversicherung«, die aus Sicht ihrer Gegner »in den Stalinismus« führe. Minkmar erklärt den »Angriff auf die Ausweitung des Rechts, die Ehe zu schließen«, schlicht für »unlogisch«.
In seinem Beitrag zu den französischen Ereignissen wird einfach nur die neueste ideologische Trommel gerührt: »Wo das angelsächsische System die checks and balances kennt, in Deutschland die Kunst des politischen Kompromisses hoch gehalten wird, ist in Frankreich der Ort der politischen Konsensfindung die Straße. Die Seite, die nicht regiert, legt beim ersten passenden Anlass das Land so lange lahm, bis die Zentrale nachgibt.« Die böse Tante Ideologie wohnt natürlich auf der Seite der angeblichen neuen radikalen Rechten – und nicht etwa bei der aggressiven Gleichstellungspolitik. Man könnte meinen, schon würde ganz Frankreich im Chaos versinken, es wäre der Präsident im Laufe seines Fluchtversuchs verhaftet worden und die Hauptstadt radikalen Katholiken in die Hände gefallen, die nun damit begonnen hätten, die Hälse homosexueller Bürger unter die Guillotine zu schieben. Wo war Herr Minkmar am vergangenen Sonntag? Auf einer Zeitreise?
Dass Homosexualität vorkommt, dass es sie gibt, begründet kein Werturteil, übrigens auch kein negatives. Die Sache ist ganz einfach. In der Geschichte wurde Homosexualität immer dann gefördert, wenn es kein politisch-gesellschaftliches Interesse an Nachwuchs gab bzw. ein ausdrückliches Interesse an möglichst wenig Nachwuchs (vgl. Hans Kelsen, »Die platonische Liebe«, in: Aufsätze zur Idelogiekritik, Neuwied und Berlin [Luchterhand], 1964, S. 117–197).
In Frankreich – und nicht nur dort – sind übrigens viele Homosexuelle gegen das neue Gesetz und lehnen die »Anerkennung« oder Gleichstellung von Homosexualität mit Bedacht ab. Auch Homosexuelle sind mitunter in der Lage, die gerade von ihnen vielleicht schmerzlich vermisste Weitergabe des Lebens höher zu bewerten als Homosexuellenrechte. Auch sie sind in der Lage, jenem generativen Zusammenhang die Ehre zu geben, dem sie ihr eigenes Dasein verdanken.
Nicht einmal die Annahme einer allgemeinen bisexuellen Veranlagung des Menschen spräche dagegen. Es gibt im Leben nicht nur den Zwang, sondern auch die freie Entscheidung, sich hier und da gegen sich selbst zu stellen. Denn nicht alles, was uns unsere Wünsche, Impulse und Bedürfnisse einreden, ist auch gut für uns. Wenn es anders wäre, wäre das Leben so einfach wie das der Tiere, die sich fast immer auf ihre Instinkte verlassen können. Wir Menschen können das nicht, und deshalb haben wir Kultur, die von Grenzen, Unterschieden und Werturteilen lebt.
Aber nun darf in der Verachtung französisch-reaktionärer Zustände sogar der nationale Gegensatz wieder auferstehen: Frankreich als das Land des Straßenpöbels, Deutschland als der Hort gesitteter Streitkultur. Das stimmt nur leider nicht, wie der nachfolgende Artikel aus der keineswegs rechten, sondern liberalen Zeitschrift Le Débat illustriert, die bestimmt auch Herr Minkmar kennt. Eher verhält es sich umgekehrt: In Deutschland wird jedes Gegenargument von vornherein unterdrückt, der gutmenschliche Totalitarismus dominiert die Szene, in Frankreich aber wird noch lebendige Streitkultur pflegt.
Die Autoren Monette Vacquin und Jean-Pierre Winter arbeiten als Psychoanalytiker. Sie haben zu Fragen von Genetik und Fortpflanzung sowie zur gleichgeschlechtlichen Elternschaft publiziert. Ihre hier in leicht gekürzter Form übersetzten Überlegungen anlässlich der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe in Frankreich erschienen dort unter dem Originaltitel »Pour en finir avec père et mère« in: Le Débat 174, März/April 2013, S. 84–89. – Wir danken den Autoren für die freundlich erteilte Genehmigung, hier die deutsche Fassung ihres Aufsatzes zu veröffentlichen.
Schluss mit Vater und Mutter
Vater und Mutter sind noch ein letztes Mal davongekommen. Nur knapp sind sie vor kurzem bei der Verabschiedung des Gesetzes zur »Homo-Ehe« ihrer völligen Streichung aus den Gesetzbüchern entgangen. Auch in anderen westlichen Ländern fallen die beiden zunehmend unangenehm auf. Verdichten sich in ihnen doch alle Unterscheidungen, geschlechtliche ebenso wie generationelle. Damit stehen sie in der akuten Gefahr, aus den rechtlichen Kodifikationen unseres Lebens ausradiert zu werden. Welch ein zivilisatorischer Fortschritt! Jahrtausende verbrachte man damit, sich mit den zwei Störenfrieden auseinanderzusetzen. Offenbar rufen Vater und Mutter beim Menschen seit jeher eine unausweichliche Ambivalenz hervor. Selbst die großen religiösen Texte geboten ja, die beiden zu ehren, nicht zu lieben. Die Zeitenwende, die 1968 mit dem »Verbot zu verbieten« eingeläutet wurde, brauchte indes weniger als ein halbes Jahrhundert, um die beiden Repräsentanten des »Zwangs« zu neutralisieren.
Nun geht es darum, die Verderber ungehemmten Amüsements gänzlich zu vernichten. Mit dem ideologischen Kehrbesen werden jahrhundertealte Gewohnheiten hinweggefegt und die Begriffe beseitigt, die diejenigen bezeichnen, denen wir die Weitergabe des Lebens verdanken. Es ist anzunehmen, dass die verbreitete Zustimmung hierzu ihren Grund in archaischen Ambivalenzen hat, die die Realisierung eines solchen Vorhabens überhaupt erst ermöglichen. Dieses vielsagende Symptom bedarf unserer näheren Betrachtung.
Der Versuch der Beseitigung von Mutter und Vater besitzt ein explosives Potential. Dieses rührt nicht nur von den Bemühungen einer Minderheit der Homosexuellen, die das Recht auf Eheschließung fordern und die damit selbst nur Symptome einer tieferreichenden Krise sind. Es zeigt sich vielmehr im kollektiven Echo auf das inhärente Angebot, die Weitergabe von Leben, Institutionen und Werten zu verweigern. Andernfalls wäre die Forderung allenfalls belächelt oder übergangen, nicht aber mit dieser erstaunlich breiten Zustimmung und Zufriedenheit aufgenommen worden.
Der Vorgang wird freilich von einer winzigen Minderheit gesteuert. Sie bedient sich einer politisch-korrekten Sprache, deren Gebrauch mit dem Ende des Denkens gleichzusetzen ist. Weder für Huxley noch für Orwell wäre eine derartige Attacke vorstellbar gewesen. Selbst wenn Orwell schreibt, »durch immer weniger Worte wirkt die Sprache wie bis auf die Knochen abgenagt«, so dachte er doch nicht an eine Beseitigung der Worte »Vater« und »Mutter«. Zwar war ihm klar, dass jede Perversion eine Manipulation der Sprache mit sich bringt und dass jeder Totalitarismus von einer totalen Verneinung begleitet sein müsse, die in der Sprache selbst wuchert. »Die Lüge ist die Wahrheit«, »Der Krieg ist der Frieden«, diese Slogans aus 1984 gehörten zur bewusst herbeigeführten Erosion der Sprache, die diese für die menschlich-zwischenmenschliche Verständigung unbrauchbar machen sollte. Doch niemals ging es in Orwells Werk bis zur äußersten Verneinung, der Leugnung geschlechtlicher Unterschiede. Allerdings kam er der Sache nahe: Seine »Anti-Sex-Liga« kämpft nicht für die sexuelle Freiheit sondern für die Abschaffung der Geschlechtlichkeit – jegliche Differenzen sind totalitärem Denken missliebig.
Auch Huxley ist nicht in den Sinn gekommen, was heute bei uns geschieht. Zwar zeigte er auf, dass das Wort »Eltern« lächerlich gemacht werden würde, weil es aus einer überholten Epoche der »Fortpflanzung durch Lebendgeburten« stamme. Aber seine Vorstellung reichte nicht soweit, dass »Eltern« zu einem »neutralen« Begriff werden könnte, der etwas anderes als einen Mann und eine Frau bezeichnet.
Freud bezeichnete die Verleugnung der Differenz – »ein Mann ist eine Frau« – als eine Verdrängung der »Kastrationsangst«. Dem entspricht in der Psychoanalyse die Weigerung, Unvollständigkeit und Komplementarität zu akzeptieren. Diese Verdrängung erfordert freilich ein kategorisches Bestreiten der Wirklichkeit. Dies geschieht durch weit auswuchernde Allmachtphantasien, gegen die keinerlei äußere Tatbestände mehr ins Feld geführt werden können. Schließlich entsteht hieraus in der psychischen Disposition ein unablässiges, sich abkapselndes Selbstgespräch. Der Irrsinn tritt letztlich als Hass nach außen.
Die öffentlichen Beschwichtigungsreden bemühen sich, das Gewaltpotential einer solchen sprachlichen und mentalen Bereinigung unter die Wahrnehmungsgrenze zu drücken. Bereits seit etwa zehn Jahren fordern Splittergruppen, den Begriff der Elternschaft zu »neutralisieren«. Neutralisieren, das bedeutet, die Geschlechtlichkeit des Männlichen und des Weiblichen zu beseitigen, bedeutet, Geschlechtlichkeit unschädlich zu machen. Die Intention heißt Vatermord. Vater und Mutter müssen sterben, im Namen der neu erfundenen, neutralen »Elternliebe«.
Jenseits der Vorstellungen Orwells liegt auch unsere politisch korrekte Sprache in ihrer »soften«, alltäglichen Variante. Ihr Bezugspunkt sind leicht gekränkte und beleidigte Minderheiten von Minderheiten. Zugegeben, wenn Schwarze zu »Farbigen« oder Blinde zu »Sehbehinderten« werden, ist der Schaden noch gering. Wenn Entlassungen »Sozialpläne« heißen, beginnt man, sich unwohl zu fühlen. Wenn ein »Mohr im Hemd« künftig als »Schokoladenkuchen mit Schlag« bezeichnet werden soll, fragt man sich, ob man träumt. Und wenn die »Ehe«, wie sie bisher verstanden wurde, als »legale Diskriminierung von Bürgern mit nicht-heterosexueller Orientierung« diffamiert wird, macht sich Angst breit. Genau dies geschieht derzeit.
»Politisch korrekt« bedeutet, dass die Sprache aalglatt sein soll, ohne Widerhaken, ohne Schärfe. Es handelt sich um ideologische Glättungsversuche, die bis ins Detail überwacht werden. Sie kaschieren einen geistigen Terrorismus, der direkt in eine Art Ethik der Konfusion führt. Der Kampf für das auf diese Weise neutralisierte »Gute« hinterlässt Schlachtfelder des Hasses und der Unmenschlichkeit. Die Verstümmelung der Sprache wird hinter pathetischen Bekundungen einer Gesellschaft verborgen, die nichts mehr zu empfangen und nichts mehr weiterzugeben weiß, die weder zu denken, noch zu hierarchisieren noch einzuordnen vermag. Am Ende steht eine Gesellschaft, die nur noch Traditionen brechen und Forderungen aufstellen kann – und die das mit einem erschreckenden Aufwand an pseudo-wissenschaftlicher Untermauerung zelebriert. Die Weisheit bricht unter den Schlägen eines solchen »Expertentums« zusammen. Sie wird von der Forderung überrannt, alle menschlichen Bindungen zu verwissenschaftlichen. Die Vernunft flieht vor einer sich als Scharfrichter gebärdenden Rationalität, die Herkommen und Tradierung nicht mehr kennt. Das verursacht allgemeine Paranoia, und die ist bereits weit fortgeschritten.
Die Forderung nach der »Homo-Ehe« hat ganz offensichtlicher Weise weder eine sachliche Berechtigung, noch zielt sie auf eine zu beseitigende Ungerechtigkeit. Sie ist ein zu entzifferndes Symptom. Denn was bedeutet die Gleichzeitigkeit der Forderung nach Anerkennung einer Differenz und dem gewaltsamen Bestreben ihrer Aufhebung? Was bedeutet die Forderung nach »symbolischem Gehalt« der Gesetzgebung, während zugleich aller Inhalt nivelliert wird? Was bedeutet die Besessenheit, mit der der Bruch mit allem Überkommenen gesucht wird? Was bedeuten schließlich die bemerkenswerten Veränderungen in den Forderungen aus dem homosexuellen Milieu – gestern nach dem Recht auf eine »andere« Sexualität, heute nach den Attributen der »alten« Sexualität: Familie und Kindern? Wozu diese Parodie der alten Ehe, die ansonsten langsam aus der Mode zu kommen schien? Um ihr den Gnadenstoß zu geben? Oder weil ihr Platz nicht leer bleiben darf? Und dies alles vor dem Hintergrund des erstaunlichen Desinteresses der Homosexuellen an der noch vor kurzem so vehement geforderten eingetragenen Partnerschaft (»Pacs«). In allen Bereichen fordern Gleichstellungsfanatiker heute die Parität von Männern und Frauen. Der Geschlechtsunterschied wird so massiv politisiert wie nie zuvor in der europäischen Geschichte. Und ausgerechnet bei der Ehe und bei Eltern soll er keine Rolle mehr spielen?
Angesichts großer – und realer – nationaler und globaler Probleme sollte es eigentlich erstaunen, dass sich das politische und mediale Interesse in einem solchen Ausmaß von der Frage der »Homo-Ehe« absorbieren lässt. Aber auch Präsidenten, Politiker und Medienleute können offensichtlich beherrscht werden von der Ambivalenz gegenüber allem Herkommen, gegenüber allem, was sich »wissenschaftlichen« Beweisen entzieht, gegenüber allem, was noch eine »Grenze« des Humanen aufzeigt. Allerdings ist zu bedenken: Die kindliche Ambivalenz gegenüber »Papa/Mama« wiederholt sich in der Achtung des Bürgers vor den öffentlichen Institutionen, vor der staatlichen Gewalt. Auf einmal wird deutlich, dass uns das Ende von Vater und Mutter auf noch schlimmere Abwege führen könnte …
Die Identifikation der Politiker mit diesen Zielen ist als solche rätselhaft. Im Kern soll eine jahrhundertelang fraglos hingenommene Gewohnheit beseitigt werden, die im hergebrachten Begriff der Ehe immer die Vereinigung von Mann und Frau sah. Noch nie wurde daran gezweifelt – bei aller Vielfalt der Ehe in den verschiedenen Kulturen! Andererseits erfordert dieser Umbau die unhinterfragte Unterwerfung unter eine Minderheit von Aktivisten, die keinesfalls von allen Homosexuellen unterstützt wird, die aber die Deutungshoheit mittels einer Sprache des ideologischen Egalitarismus und der Entdifferenzierung errungen hat und so in wirksamer Weise mit dem Vorwurf der »Homophobie« den Verzicht auf das Denken erpressen kann.
Auch scheint unsere Gesellschaft, der ihre Grundlagen und festen Bezugspunkte vollends abhanden gekommen sind, die überkommenen und ihr unverständlich gewordenen Institutionen insgesamt behandeln zu wollen wie ein Kind, das ein Spielzeug zerbricht, um seine Funktionsweise zu verstehen. Zerstören kann eine barbarische Art des Fragens sein. Und in der Tat ist uns in der westlichen Welt im Bereich der Sexualität und der Weitergabe des Lebens in rasch aufeinanderfolgenden Etappen alles radikal fraglich geworden: In den 1970er Jahren: Wie funktioniert Sexualität ohne Zeugung von Kindern? In den 1980er Jahren: Wie erzeugt man Kinder ohne Sexualität? Und heute: Wie bekommt man Kinder ohne Geschlechtsdifferenz der Eltern?
Zwei Männer oder zwei Frauen als »Mann und Frau« im Sinne der Ehe zu behandeln, bedeutet schließlich auch, die fundamentale Verknüpfung von Worten an Körper aufzulösen, die Bedeutungen von den Dingen zu trennen, auf dass sie wie freie Elektronen durch virtuelle Welten fliegen. Im Namen einer anti-ontologischen Gleichheit sollen alle zur kollektiven Regression verpflichtet werden, zu einem Dasein als Neutra. Dabei ist die menschliche Welt alles andere als neutral – sie ist nichts anderes als die Welt der in ihr vorhandenen Dinge. Der unheilvolle Neutralitätsgedanke geht mit einer verfälschenden Vorstellung von Objektivität einher.
Bei all dem wäre daran zu erinnern, dass es nicht die Aufgabe des Staates sein kann, auf Provokationen ideologischer Aktivisten einzugehen, die eine konfuse Sprache sprechen und auf jeglichen Widerspruch mit dem Terror ihrer »korrekten« Sophismen reagieren. Noch weniger ist es Aufgabe des Staates, dergleichen Provokationen institutionelle Formen zu geben. Wenn so etwas geschieht, dann wird die Verdrängung zum bürgerlichen Gesetz – und dies mit unabsehbaren psychischen Folgen für alle. Homophobie zu bekämpfen ist eine Sache. Rechtsformen für die Partnerschaften zwischen Homosexuellen, die dies wünschen, zu institutionalisieren eine weitere.
Funktionierende Institutionen aber auszuhöhlen und zu entwerten, ist etwas völlig anderes. Genau das ist das Problem der »Homo-Ehe«: Ein legitimes Anliegen verbindet sich mit einer antizivilisatorischen Attacke auf unsere Institutionen. Das wird zwangsläufig archaische Kräfte wecken. Die Gegner eines solchen Unternehmens sind keinesfalls homophob, sie sind weder Moralapostel noch Fanatiker der »Normalität«. Wenn sich etwa zahlreiche französische Bürgermeister bei ihrer Weigerung, eine Homo-Ehe zu schließen, auf das Gewissen berufen, dann steht dahinter vielmehr ein sicheres Gespür für den Angriff auf die öffentlichen Institutionen. Und sie versuchen, sich einem double bind zu entziehen.
Dennoch glaubt man offenbar, gleichzeitig Transparenz und Gerechtigkeit anrufen und offensichtliche Lügen in die Gesetzbücher schreiben zu können. Wie soll man diese Kröten schlucken? Einmal mehr durch eine Vergewaltigung der Sprache: »Vater« und »Mutter« werden aus den Gesetzen getilgt, das Fräulein [»Mademoiselle«] wird verboten, alle Funktionen – wie »Autofahrer« zu »Autofahrerinnen« – werden feminisiert. Demnächst wird die angeblich diskriminierende »Ecole maternelle« [fr. für Kindergarten] umbenannt. Wir befinden uns hier auf dem bevorzugten ideologischen Schlachtfeld. Das Ziel lautet in der unklaren Formulierung eines bekannten zeitgenössischen Intellektuellen, die Welt nicht mehr »nach dem Unterschied der Geschlechter zu organisieren«.
Das akademische Fundament hierfür sollen die gender studies liefern. Sie wiederholen teils, was seit der Antike schon bekannt war, nämlich das mögliche Vorhandensein weiblicher Züge beim männlichen Geschlecht und männlicher Züge beim weiblichen Geschlecht. Die umfassende Verneinung der Differenz sollen sie wissenschaftlich untermauern und mit einer Pseudobürgschaft versehen. Aber, ganz gleich, welche bisexuellen psychischen Dispositionen es auch immer geben mag, der Unterschied der Geschlechter bleibt. Nur mit Hilfe dieser Voraussetzung kann man alle möglichen Überschreitungen überhaupt feststellen. Er bliebe besser Gegenstand von Literatur und Film, als dass er in die Hände von Politikern fiele, die ihn mit einer modernistischen Mischung aus Toleranz und archaischem Selbsthass zu beseitigen suchen.
Sicherlich kann es befreiende Formen geben, überkommene Grenzen zu übertreten. Andere Grenzverletzungen aber wirken wie eine Injektion tödlichen Giftes. Das sind jene, die – in der Regel im Namen der Egalität – auf eine wachsende Entdifferenzierung zielen. Solche Überschreitungen, die das »Andere« auf das »Gleiche« zurückführen wollen, zerstören das langsame Voranschreiten jeglicher zivilisierender Unterscheidung. An dieser Arbeit wirkte bisher auch das Recht maßgeblich mit. Künftig wird es zur Konfusion beitragen. Huxley erwähnte die »mühsam durch Zivilisierung errungenen Hemmungen«. Ziel dieses Prozesses ist nichts anderes als der Schutz des menschlichen Individuums vor der immer neuen Versuchung, als einzelner schon ein in sich geschlossenes Ganzes sein zu wollen.
Und was die Kinder betrifft: Natürlich sind Homosexuelle in der Lage, Kinder zu erziehen. Viele tun es auch. Es ist völlig unnötig, aus Kindern Objekte ideologischer Forderungen oder gerichtlicher Klagen zu machen. Die Absurdität, homosexuellen Paaren staatlicherseits künstliche Befruchtung zu ermöglichen – zwangsläufig verbunden mit Leihmutterschaften – zeigt hingegen, dass die derzeitigen Bestrebungen rein gar nichts mit den realen Bedürfnissen realer Kinder zu tun haben.
Unsere Generation zerstört alles, was Grenzen setzt. Sie wird somit nichts mehr an die Nachkommenden weitergeben können, vor allem nicht jenen teils unergründlichen Gehalt unserer Zivilisation, der innerhalb jener Grenzen liegt. Was passiert, wenn diese Generation in den Augen der Nachfolgenden demnächst für altmodisch befunden wird? Die Flucht nach vorn wird kein Ende finden. Wissenschaftler arbeiten schon an der Herstellung männlicher Eizellen und weiblicher Spermazoiden aus Stammzellen. Das leibliche Kind homosexueller Eltern taucht als Gespenst am Horizont bereits auf. Dem werden mit scheinbar zwingender Logik weitere Forderungen folgen: »Die Homo-Ehe hat ihnen gut gefallen? Dann ist der künstliche Uterus sicher auch was für sie …!«
Schrieb Descartes nicht, der gesunde Menschenverstand sei die am weitesten verbreitete Sache der Welt? Ließ Shakespeare seinen Macbeth nicht sagen, nichts sei zu fürchten von dem, der aus dem Weibe geboren sei? Übrigens – auch das Wort »geboren« wird verschwinden müssen. »Geburt« verweist auf Ursprung, auf Weitergabe, ist Metapher für Aufbruch, Wachstum, Zukunft. Den Platz werden »Sohn« und »Tochter« – und zwar als rein administrative Zuschreibungen – einnehmen.
Wir müssen den Bürgern, die von einer derart verlogenen Sprache betäubt und von angeblichen Experten betrogen werden, die archaische Gewalt bewusst machen, die in der Beseitigung von Mutter, Vater und Geburt liegt. Zwischen Homosexuellen und Heterosexuellen scheint sich heute eine rigide Trennung aufzubauen. Dabei teilen alle dieselbe Welt. Ebenso obliegt es allen, zutiefst menschliche Institutionen wie die Ehe zu schützen, die den Verbindungen zwischen Männern und Frauen und zwischen den Generationen eine unverzichtbare Form geben. »Institution« kommt von »status«, von »sich aufrecht halten«. Diese Vertikalität ist die Metapher der menschlichen Würde, sie impliziert Verbindungen, die nur unter »Gleichen« nicht mehr bestehen.
Paul Valéry schrieb in seiner »Rede über den Fortschritt«: »Die neue Zeit wird bald einen Menschen schaffen, der durch keinerlei geistige Gewohnheit mehr mit der Vergangenheit verbunden ist. Die Geschichte wird ihm als eine Sammlung sonderbarer, nahezu unverständlicher Geschichten erscheinen, denn in seiner eigenen Gegenwart orientiert sich nichts mehr an vergangenen Vorbildern, überlebt nichts aus der Vergangenheit.« Zwar sind anthropologische Grenzen nicht so gut zu sehen wie eine Fahrbahnbegrenzung auf der Autobahn. Gleichwohl sind symbolische Grenzüberschreitungen leicht an den Schmerzen zu erkennen, die sie denen verursachen, die ihre Ohnmacht und die Wirkungslosigkeit aller Argumente gegen die sich breitmachenden Perversionen empfinden. Und sie sind an der Ausgelassenheit zu erkennen, die sie bei der Masse hervorrufen, die sich in ihrem Triumph über das Naturgemäße sowie in einem Gefühl der Allmächtigkeit suhlt.
Indes wird kein Gott hinter den Wolken hervortreten und Blitze seines Zorns auf die Erde schleudern. Zwar mögen sich unsere Vorväter im Grabe herumdrehen. Doch gilt, was bereits Freud erkannte: Dass, wer auch immer der Menschheit die Befreiung von jenen Aufgaben verhieße, die ihr die Geschlechtlichkeit auferlegt, als ein Held gefeiert würde, dem man jede noch so große Dummheit nachsieht. Die Welt wird auf die Neutralisierung der Geschlechtlichkeit und auf die Aufhebung von Herkunft vermutlich am Ende mit Indifferenz blicken. Das Neutralitätsprinzip zersetzt letztlich jeden inhaltlich begründeten Widerstand.
]]>Wenn zur Zeit darüber berichtet wird, dass die Einführung der Homo-Ehe die Bevölkerung Frankreichs in zwei gleich große Hälften spalte – die eine dafür, die andere dagegen (mit einer geschätzten Million Demonstranten) –, dann könnte der Eindruck entstehen, als ob dies in Deutschland anders wäre. Ich glaube aber, dass auch bei uns mindestens die Hälfte der Bevölkerung gegen die Homo-Ehe ist, wenngleich das weder offiziell festgestellt noch mitgeteilt, sondern von ihren Befürwortern zum Horrorszenario erklärt wird. Unter der Herrschaft des Skandals bleibt der wahre Skandal verborgen. Die Leidtragenden der Homo-Ehe in Verbindung mit einem »Recht auf Kinder« (das es bislang für niemanden gibt!) sind – Kinder. Kinder, denen die gemeinsame Aufzucht durch Vater und Mutter verweigert wird. Gewiss, es gibt Scheidungen, und es gibt Kuckuckskinder. So etwas kommt vor. Das Fehlen eines Elternteils aber planmäßig in die Wege zu leiten, ist ein Verbrechen am Kind, und es wird ihm schwere seelische Schäden zufügen.Die Gegnerschaft wird umso stärker werden, je deutlicher sich diese Folgen zeigen und – je mehr Immigration Europa zulässt. Denn bemerkenswerter Weise haben sich in Frankreich die Vertreter der jüdischen Gemeinde und der Muslime auf die Seite der Gegner des Gesetzes gestellt. Das heißt, dass sich die politischen Kräfteverhältnisse gerade neu formieren. Den Ausgang der letzten Abstimmung in der Nationalversammlung im Rahmen der zweiten Lesung des Gesetzes am Dienstag, dem 23. April, wird die Gegenbewegung zwar kaum zu ihren Gunsten beeinflussen können. Aber der Widerstand insbesondere friedlicher, junger Leute, die sich »Les veilleurs« (Die Wächter) nennen, nimmt zu. Dass es bei dem auch heftigen Widerstand in Frankreich nicht zwingend um die notorisch unterstellte Homosexuellenfeindlichkeit geht und dass sich der Widerstand auf gewichtige naturrechtliche Argumente beruft, um lediglich die Ungerechtigkeiten und Unmenschlichkeiten eines überzogenen Gleichstellungsdenkens anzuprangern, das belegt der folgende Beitrag, der seit dem 14. Januar in zahlreichen französischen Internetforen erschienen ist. Sein Autor Bertrand Vergely, geb. 1953, ist französischer Philosoph und Theologe. Er ist Absolvent der »Ecole normal supérieure« von Saint-Cloud. Vergely lehrt am »Institut d’Etudes politiques«, am »Institut de théologie orthodoxe Saint-Serge« und am »Lycée Pothier«. Wir danken dem Autor für die freundlich erteilte Genehmigung, seinen Text auf D.E.d.E. zu publizieren.
Die Diktatur der Konfusion
1.
Es kommt darauf an, zwischen der Frage der Homosexualität und der Frage der sogenannten Homo-Ehe zu unterscheiden. Homosexualität gehört in die Sphäre des Privaten und Individuellen. Es gibt in der Gesellschaft Menschen, deren Zuneigung sich auf Menschen gleichen Geschlechts bezieht. Warum ist das so? Wir wissen es nicht und werden es wegen der Vielzahl der möglichen Gründe wohl niemals wissen. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen Tatbestand, den die Gesellschaft anerkennen muss, indem sie den Homosexuellen die gleichen Rechte auf Schutz ihrer Privatsphäre zugesteht wie jedem anderen Bürger.
2.
Im Gegensatz dazu betrifft die Einführung der Homo-Ehe alle. Denn hiermit soll eine bislang gültige Norm ein für alle Mal abgelöst und eine neue Norm für Familie, Abstammung und Weitergabe des Lebens etabliert werden.
3.
Die Ehe ist in ihrem Ursprung eine natürliche Gegebenheit. In ihr vereinen sich ein Mann und eine Frau und zeugen gemeinsame Kinder. Indem Gesellschaft und Staat diese Ehe als Institution etablieren, schaffen sie nur einen rechtlichen Rahmen, um jene naturgemäße Grundlage zu schützen.
4.
Es deutet derzeit viel darauf hin, dass Ehe, Abstammung und Weitergabe des Lebens ihre Bedeutung verändern. Die Weitergabe des Lebens soll nicht mehr als der hauptsächliche Sinn der Ehe verstanden werden. Statt der Zeugung von Kindern soll vielmehr das »Gefühl« zu ihrer Grundlage werden. Ebenso scheint auch die Bedeutung eines Kindes nicht mehr vorrangig darin zu liegen, Frucht der Verbindung eines Paares zu sein. Immer öfter kommt es zur »Nachfrage nach Kindern«, etwa als Wunsch nach Adoption durch Einzelstehende oder nach künstlicher Befruchtung von zeugungsunfähigen Paaren. Somit stellt sich eine Frage, die alle betrifft, Hetero- ebenso wie Homosexuelle, nämlich, ob das »Gefühl« die einzige Grundlage der Ehe darstellen soll, und ob der Wunsch nach einem Kind, von wem auch immer geäußert, den einzigen Grund für seine Existenz bilden kann. Anders gefragt, soll das, was in der Lebenspraxis zunehmend um sich greift, zur verbindlichen Norm werden?
Wer dies bejaht, muss sich darüber im Klaren sein, dass dann auch kein formeller Widerspruch etwa gegen eine Aufhebung des Inzestverbotes möglich wäre. Wenn das »Gefühl« unabhängig von allen natürlichen Gegebenheiten normbildend wird, dann wird in seinem Namen ein Vater fordern können, seine Tochter oder gar seinen Sohn; eine Mutter, ihren Sohn oder ihre Tochter; eine Schwester, ihren Bruder oder ihre Schwester; und ein Bruder, seine Schwester oder seinen Bruder heiraten zu dürfen. In einem solchen Fall, wo das Gefühl als Grundlage eines Rechtes jenseits der natürlichen Realität gesetzt wurde, wird bald niemand mehr wissen, wer er im Hinblick auf den anderen ist. Schwerwiegende Identitätskrisen werden die leicht vorhersehbare Folge sein. Die krankhaften Tendenzen eines hedonistischen Individualismus, für den die Realität nicht existiert und nicht mehr existieren darf, werden sich dramatisch verstärken. Wenn der Vater auch Liebhaber der Tochter, die Mutter auch Geliebte des Sohnes sein kann, wird der gängige Begriff der Familie absurd und die erzieherische Autorität der Eltern eliminiert. Die Familie explodiert sozusagen.
Wenn nun aber das Inzestverbot fiele, dann würde das auch die Zukunft des Menschen an sich bedrohen. Denn dieses Verbot erinnert an nichts Geringeres, als dass der Mensch sich selbst durch die Ehe und die Weitergabe des Lebens entfaltet und fortzeugt, nämlich, indem er sich an einen anderen bindet, der eben nicht derselben Familie entstammt und nicht demselben Geschlecht angehört, und dass es eben seine Bestimmung ist, nicht auf seine eigene Familie und sein eigenes Geschlecht beschränkt zu bleiben.
In dieser Perspektive lastet auf dem Gesetzgeber im Fall der Regelungen zur Homo-Ehe eine besonders große Verantwortung. Beschließt er, aus der Ehe eine Rechtsangelegenheit auf der Basis des Gefühls und unabhängig von allen natürlichen Gegebenheiten zu machen, ebnet er dem Ruin der psychischen Identität des Menschen, dem Ruin seiner Familie und seiner Zukunft den Weg.
5.
Jenseits dieser Fragen, die alle betreffen, Hetero- ebenso wie Homosexuelle, wirft die Homo-Ehe eine Reihe weiterer spezifischer Fragen auf, die sehr genau bedacht werden sollten. Die wichtigste ist die nach der Bedeutung des Wortes »gleich«. Ist es möglich, im Namen der Gleichheit und der Antidiskriminierung eine Gleichheit aller Paare zu schaffen? Dem stehen gewichtige Gründe entgegen:
6.
Im Sinne der einfachen Frage nach der Wirklichkeit, nach dem natürlich Gegebenen, kann man Heterosexualität und Homosexualität schwerlich als »gleich« ansehen. Ein Paar aus Mann und Frau ist nicht das Gleiche wie ein Paar aus zwei Männern oder zwei Frauen. Heterosexuelle Paare sind nicht homosexuell, und homosexuelle Paare sind nicht heterosexuell. Hier Gleichheit herstellen zu wollen, bedeutet schlicht, die Wirklichkeit zu negieren und eine große Konfusion zwischen dem Wesen des Menschen und seiner (jeweiligen) Lebenspraxis zu schaffen. Heterosexualität ist, vor aller Lebenspraxis, dem Wesen des Menschen gemäß. Homosexualität wird zwar praktiziert, aber deshalb entspricht sie noch lange nicht dem Wesen des Menschen.[1] Der Grund ist klar: Um homosexuell zu sein, muss man zunächst Mann oder Frau, also Teil der heterosexuell ausgeprägten Natur des Menschen sein. Wenn dieser Unterschied nun im Namen der Gleichheit eingeebnet wird, läuft dies auf ein Diktat der Lebenspraxis über das Wesen des Menschen hinaus. Die gefährliche Folge kann über kurz oder lang die immer radikalere Unterdrückung der für den Menschen wesentlichen geschlechtlichen Differenz sein. Die Homo-Ehe würde also zwangsläufig diktatorische Effekte zeitigen. Um den Homosexuellen gleiche Rechte zuzugestehen, würde es letztlich der Menschheit verboten werden müssen, noch irgendeinen Unterschied zwischen Mann und Frau zu machen. Wer in der Heterosexualität einen Wesenszug und nicht eine bloße Lebenspraxis des Menschen sieht, könnte wegen Diskriminierung verurteilt werden. Im Ergebnis würde dies eine neue Menschheit bedeuten. Bisher lebten wir in einer durch Unterscheidungen geprägten und sich in Unterscheidungen mitteilenden Welt. Was wir dann erleben würden, wäre eine auf »Ununterscheidbarkeit« gegründete Welt. Da die Differenzierung der Wesenszug allen Lebens ist, die Entdifferenzierung aber das Wesen des Todes,[2] bedeutet die Einführung der Homo-Ehe nichts anderes, als dass von nun an das Prinzip des Todes die Menschheit leiten würde.
7.
Die Probleme der gesetzlich dekretierten Gleichheit aller Paare spiegeln sich auch auf der Ebene der Kinder wider. Offenbar droht in Vergessenheit zu geraten, dass ein homosexuelles Paar keine eigenen Kinder haben kann. Das mag man bedauern, aber es ist so – zwei Männer oder zwei Frauen können miteinander kein Kind zeugen. Für die Weitergabe des Lebens bedarf der Mann der Frau und die Frau des Mannes. Gleichwohl fordern die Homosexuellen, »ein Kind haben zu dürfen«. Sie beziehen sich hierbei auf das Recht heterosexueller Paare, ein Kind zu adoptieren oder die Möglichkeiten künstlicher Befruchtung in Anspruch zu nehmen. Dabei scheinen sie zu vergessen oder vergessen machen zu wollen, dass es nicht das Recht, sondern die Natur ist, wodurch ihnen eigene Kinder versagt bleiben. Natürlich kann ein heterosexuelles Paar adoptieren oder eine künstliche Befruchtung vornehmen. Gleichwohl aber wird ein solchermaßen empfangenes Kind niemals dieselbe Bedeutung haben wie ein von Homosexuellen adoptiertes Kind. Denn wenn ein heterosexuelles Paar adoptiert, so gleicht es hiermit ein individuelles Unfruchtbarkeitsproblem aus. Wenn hingegen ein homosexuelles Paar adoptiert, so versucht es, eine grundsätzliche Unmöglichkeit zu umgehen. Die symbolische Bedeutung eines solchen Kindes ist eine andere. Eine Unmöglichkeit mithilfe eines Gesetzes umgehen zu wollen, führt uns in einen Bereich prometheischer Fiktionen jenseits der menschlichen Realität.
8.
Bislang beruht das Verständnis von Gesellschaft auf dem Verständnis ihrer Grenzen, darauf, dass – kurz gesagt – nicht alles möglich ist. Dass nicht alles gesetzlich beschlossen werden kann. Dass nicht alles hergestellt oder gemacht werden kann. Diese Grenzen sind auch schützende Grenzen. Die Einsicht, dass nicht alles gesetzlich beschlossen werden kann, bewahrt uns vor einer Diktatur des Rechts, und der Gedanke, dass nicht alles hergestellt werden kann, vor einer Diktatur der Wissenschaft. Mit der Homo-Ehe und dem Recht homosexueller Paare auf Adoption und künstliche Befruchtung würde sich das ändern. Die Idee, dass nichts unmöglich sei, würde die Bedeutung von Grenzen leugnen. Der Schutz vor einer Diktatur des Rechts würde fallen. Alles würde per Gesetz »umsetzbar« werden. Zugleich würden die Dämme brechen, die uns vor einer Diktatur der Wissenschaft bewahren. Alles würde »machbar« werden. Bislang sind wir der Natur gefolgt, die, wie Montaigne sagte, eine »sanfte Führerin« ist. Von nun an würden wir dem Recht und der Wissenschaft folgen. Die Natur hat es vermieden, den Menschen der Willkür des Menschen zu unterwerfen. Künftig würde der Mensch dem Menschen gehorchen müssen, ohne dass der Mensch als solcher noch irgendwem oder irgendetwas Untertan wäre. In eben jenem anything goes sah Dostojewski im 19. Jahrhundert ebenso wie Leo Strauss im 20. Jahrhundert die Essenz des Nihilismus. Zusammen mit Nietzsche und gleichermaßen illusionslos wie dieser erkannten sie im Nihilismus die verhängnisvolle Heimsuchung Europas. Mit der Homo-Ehe und dem Recht Homosexueller auf Adoption und künstliche Befruchtung würde das anything goes Wirklichkeit werden. Damit würde der Nihilismus siegen – ein Triumph des Rechtes, der Wissenschaft und des entgrenzten Menschen.
9.
Ebenso ist zu unterscheiden zwischen einem Kind, das man herkömmlich zeugt, und einem Kind, das man »machen« lässt. Ein durch ein Paar gezeugtes Kind ist Person. Die Zeugung durch Mann und Frau, die sich in Liebe vereinen, führt dazu, dass dieses Kind keine Ware und kein Handelserzeugnis ist. Ein Kind, das man durch Dritte »machen« lässt, ist keine Person, sondern ein Objekt, eine verhandelbare Ware: Man »leiht« eine Mutter, oder man »spendet« den Samen (gegen Bezahlung). Lionel Jospin hat angemerkt, es gebe kein Recht »auf ein Kind«, sondern vielmehr ein Recht »des Kindes«. Mit der Homo-Ehe, die das Recht auf künstliche Befruchtung einschließt, wird genau dies verdreht und das Recht des Kindes dem Recht auf Kinder geopfert. Unter dem Vorwand, Homosexuellen ein Recht auf Kinder geben zu wollen, wird das Kind von der Person zum Objekt degradiert. Während Menschenrechtsvertreter in aller Welt gegen die Verdinglichung des Menschen kämpfen, wird das Kind im Namen des Rechts der Homosexuellen zum bloßen Objekt.
Daneben gibt es praktische Einwände, vor allem gegen die Kosten. Damit zwei Männer ein Kind bekommen, muss eine Leihmutter engagiert werden. Das ist nicht billig – der Preis liegt zwischen 80.000 und 100.000 Euro. Sobald Homosexuelle mit dem Recht »auf ein Kind« ausgestattet sind, werden sie die Kostenübernahme durch die Sozialversicherungen fordern, was deren Defizite steigern wird. Wer bezahlt also diese Kinder? Falls sie zu einer staatlichen »Leistung« werden, wird der Staat ausreichend Leihmütter bzw. ihre spezifische Fähigkeit als geregelte Dienstleistung zur Verfügung stellen müssen. Auch wenn der Staat sich weigern sollte, zum Zuhälter-Staat zu werden, der Frauenhandel erlaubt und organisiert, wird er doch die Leihmutterschaft regulieren müssen. Das ist alles andere als eine harmlose Angelegenheit. Was passiert, wenn ein Paar mit dem Baby einer Leihmutter unzufrieden ist und es zurückgeben will? Soll man dieses Paar zwingen, das Kind zu behalten? Oder soll man das Kind zur Waise machen? Soll man die Leihmutter dazu zwingen und sie dafür bezahlen, dass sie es behält und aufzieht? Und wer zahlt den Psychiater, den dieses Kind später unweigerlich brauchen wird?
10.
Auf das Problem des »Machen-Lassens« von Kindern folgt das Problem ihrer Erziehung. Es ist ein Unterschied, ob es sich bei den Eltern um Vater und Mutter oder aber um zwei Väter oder zwei Mütter handelt. Einem Kind, das in einer Homo-Ehe aufwächst, wird das Wissen darüber verweigert, wie es ist, Vater und Mutter zu haben. Darf man dem Kind aber dieses Recht nehmen? Wenn ja, dann hieße das, dass die Homosexuellen – damit sie ein gleiches Recht auf Kinder erhalten – ihren Kindern im Unterschied zu den Kindern heterosexueller Eltern gleiches Recht verweigern dürften. Damit homosexuelle Paare heterosexuellen Paaren gleichgestellt werden, bedarf es einer massiven Ungleichbehandlung der jeweiligen Kinder. Natürlich haben auch Waisen keine Mutter oder keinen Vater. Aber hier handelt es sich um eine Art Unfall, um individuelles Unglück, nicht um die Folge einer rechtlichen Entscheidung. Das Recht von Homo-Paaren auf ein Kind erfordert die bewusste Schaffung von Waisenkindern als gesetzliche Institution. Diese Kinder werden gesetzlich verpflichtet sein, entweder keinen Vater oder keine Mutter zu haben. Eine solche Situation wird früher oder später notwendigerweise Revolten hervorrufen. Dem Kind eines homosexuellen Paares wird das Recht auf seine wahre Abstammung genommen. Seine Herkunft bleibt abwesend. Für die Entwicklung eines Kindes aber ist sie alles andere als verzichtbar. Das Kind wird sich, kindlicher Neigung entsprechend, selbst für das familiäre Ungleichgewicht schuldig fühlen.
Daraus folgt, dass die Anhänger der Homo-Ehe und des Rechts auf Adoption und künstliche Befruchtung Opfer einer fatalen Konfusion sind, wenn sie das geplante Gesetz als einen demokratischen Fortschritt proklamieren. Wer da glaubt, dass all dies ein gutes Ende nähme, wird sich schon bald bitter getäuscht sehen. Es wird ein böses Ende nehmen, denn der Preis ist zu hoch. Niemand sollte glauben, dass die Leugnung sexueller Differenz keine Konsequenzen haben werde. Niemand sollte glauben, dass »gemachte« Kinder, denen man in vielen Fällen das Recht auf die Kenntnis ihrer Abstammung rauben wird, nicht früher oder später dagegen aufbegehren werden. Und niemand sollte glauben, dass das Verbot der Begriffe »Mutter« und »Vater« zu einer menschlicheren und friedfertigeren Gesellschaft führen würde. Wer behauptet, dass durch die gesetzliche Einrichtung der Homo-Ehe Probleme gelöst würden, der lügt. Es werden neue Probleme geschaffen. Das 20. Jahrhundert hat die Tragödien des Totalitarismus durchlebt, vor allem das Projekt der Schaffung eines neuen Menschen aus einer bestimmten Rasse oder Klasse. Wir dürfen jetzt nicht der Versuchung nachgeben, mittels einer eine Diktatur von Recht und Wissenschaft den neuen Menschen aus dem Gleichheitsdenken zu kreieren. Die Familie beruht auf natürlichen Gegebenheiten. Daran sollten wir in unserem eigenen Interesse nicht rühren.
Wir alle haben homosexuelle Freunde und Bekannte, die wir schätzen und respektieren. Wir wollen nicht bezweifeln, dass sie lautere Absichten haben. Auch nicht, dass sie in der Lage wären, ein Kind zu erziehen. Wir zweifeln auch nicht daran, dass Kinder in manchen heterosexuellen Partnerschaften nicht gut behandelt werden. Der fatale Fehler liegt vielmehr darin anzunehmen, dass all dies ein Grund für die Einführung der Homo-Ehe mit Recht auf Adoption und künstliche Befruchtung wäre.
Recht und Gesetz sind eine Sache, der Einzelfall ist eine andere. Das Recht kann sich nicht aus Einzelfällen ableiten, sondern nur aus ganzheitlichen Regeln. Wenn es um die Homo-Ehe geht, so stehen dahinter dermaßen gefährliche Grundannahmen, dass ein solches Gesetz den grundlegenden Interessen des Menschen eindeutig widerspräche. In der Nationalversammlung hat die Linke heute die Mehrheit. Mit ihrer Mehrheit kann die Linke die Homo-Ehe durchsetzen. Sie könnte aber stattdessen auch dem Menschen und seiner Würde zur Mehrheit verhelfen. Das würde sie ehren. Und damit würde sie zugleich ihren eigensten Interessen dienen. Niemand muss einem Zwang gehorchen, wenn er dabei der Vernunft widersprechen soll. Die Homo-Ehe mit ihrer ausschließlichen Basis im »Gefühl« ist wider die Vernunft. Die Preisgabe der Unterscheidung von Mann und Frau oder ihre Reduktion auf bloße Lebenspraxis ist wider die Vernunft. Es ist wider die Vernunft, ein Kind um jeden Preis zu wollen – sei es durch Adoption, Leihmutterschaft oder Samenspende. Und schließlich ist es wider die Vernunft, nicht mehr von Mutter und Vater sprechen zu wollen. – Kurz gesagt, eine juristisch-medizinische Bastelarbeit Familie zu nennen, ist grober Unfug. Die Worte haben ihren Sinn, indem sie auf die Wirklichkeit verweisen. Wenn die Worte nur noch einen Sinn haben sollen, den man ihnen willkürlich zuschreiben kann, haben sie bald gar keinen mehr. Wir befinden uns dann nicht mehr im Bereich der Vernunft, sondern im Bereich der Konfusion. Herrschaft der Konfusion, Diktatur der Konfusion, Konfusion des Denkens und Handelns – müssen wir es wirklich derart übertreiben?
]]>Das Erstaunlichste an diesem Buch ist der ruhige und kolloquiale Ton, mit dem der in Australien geborene Politikwissenschaftler Kenneth Minogue (*1930) unsere massendemokratischen Lebensverhältnisse Europas und Nordamerikas schonungslos beschreibt und analysiert. Es sind Lebensverhältnisse, die uns unfrei machen und uns die Verantwortung für unser eigenes Leben nehmen. In demselben Maße, in dem sie das tun, werden sie aber mit missionarischem Eifer der globalen Ausbreitung anempfohlen.
Es geht um den geistigen, charakterlichen, weltanschaulichen und gesellschaftspolitischen Umbau der westlichen Staaten. Die wachsende Befriedigung von wachsenden materiellen Ansprüchen überfordert die Volkswirtschaften mit dem Druck, die materielle Basis der Wohlfahrtspolitik zu sichern. Die Realisierung der Gleichheit stößt schon längst an sittliche und materielle Grenzen. Anders gesagt: »Das demokratische Telos führt direkt zur Untergrabung jeder wahren Demokratie.« (S. 291) Das strotzende Selbstbewusstsein der global agierenden Eliten in Politik und Medien wird davon immer noch nicht irritiert.
Die Demokratiekritik ist so alt wie die Demokratie; Minogue markiert aber den sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat als Erben sozialistischer Erziehungsdiktaturen und zeigt, dass das anything goes der Postmoderne mit einer zunehmenden gesellschaftlichen Überwachung und Regelungswut erkauft wird (S. 198). Einerseits werden alle mehr oder weniger rassistischen, sexistischen, diskriminierenden, xenophoben und homophoben Gedanken und Gefühle als Abweichungen von der political correctness unterdrückt. Andererseits werden genau dieselben Gedanken und Gefühle politisch verstärkt, nämlich als unvermeidliche Reaktion auf die Zwangsdefensive des weißen Mannes, auf die Sexualisierung aller Lebensbereiche, auf die xenophile Geschichts- und Einwanderungspolitik und auf die Familienzerstörung durch Gender Mainstreaming.
Einerseits wird die »Selbstbestimmung« gefeiert, andererseits wird das Individuum dem radikalen Egalitarismus unterworfen und staatlich bevormundet. »Einschüchterungen durch den politischen Perfektionismus und Abhängigkeit von der Freigebigkeit des Staates« (S. 9) gehen Hand in Hand: Die Menschen werden »von der Verfassung für weise und von der Regierung für käuflich und dumm erklärt« (S. 62). Wir dürfen zwar wählen gehen, sind aber angeblich nicht in der Lage, uns gesund zu ernähren oder unsere Kinder zu erziehen. Die Politiker versprechen die Lösung einer wachsenden Zahl von Alltagsproblemen und legitimeren damit die Ausweitung der Staatsquote – zu Lasten Dritter wie den »Reichen«.
Die ehrenvolle Tugendhaftigkeit von einst geht unter. Die moralische Temperatur fällt. Die Demokratie antwortet positiv auf alles, was wir wollen, aber: »Was wir wollen, ist nicht immer gut für uns.« (S. 32) Allzu oft handelt es sich sogar um Dinge, die wir »für gut zu befinden überredet wurden« (S. 45). Die Anspruchshaltung macht aus freien Bürgern süchtige Leistungsempfänger. Mit der Zahl ihrer Rechte wächst die politische Ohnmacht. Der Bereich des Erlaubten wird immer kleiner. Was zunimmt, sind Anspruchsdenken und Nörgelei, Unselbständigkeit und Verachtung jeglicher Autorität.
Der Verlust an Autorität mindert nicht den Abstand zwischen Masse und Elite, sondern er vergrößert ihn. So entsteht mehr Raum für bürokratische Regulierung. Die durch den Feminismus von Mann und Kind isolierte Frau fällt der Obhut des Staates anheim. Das Private wird politisch – aber anders, als das einst gedacht war. Der Staat entdeckt das Interventionsrecht für hausfremde Mächte und zieht in die Schlafzimmer ein. Warum nicht kinderreiche Familien mit einer Quote für die Homoehe belegen, sobald das genealogische Prinzip als letzter Ursprung aller Homophobie entlarvt wurde?
Den politischen Radikalismus, mit dem die neuen »Krankheiten« Menschenverachtung (»hate speech«), Homophobie oder Islamophobie kuriert werden sollen, charakterisiert Minogue sehr treffend als »sentimental« und »perfektionistisch« (S. 365). In demselben Maße, in dem sich die Moral von Sitte und Religion löst, verbündet sie sich auf illusionäre Weise mit dem Politischen. Dabei beweist doch schon das Einwanderungsproblem, dass sich moralische Gebote politisch katastrophal auswirken. Der Neubau des Menschen muss aber weitergehen. Das Wasser würde schon heute bergauf fließen, wenn da nicht die ärgerlichen Reste von Monarchie, Christentum und Konservativismus wären. Die »historische Ignoranz« gegenüber den Verdiensten und positiven Nachwirkungen dieser Kräfte verbindet sich, so Minogue, mit der Sehnsucht nach einer »Endlösung«, die ähnlich größenwahnsinnig wirke wie die Endlösung der Nationalsozialisten (S. 376).
Wir kommen zu der eigentlichen Pointe, die Minogues Konzept der demokratischen Sklavenmentalität bereithält. Die materiellen Zuwendungen scheinen für die vielen Freiheitseinbußen kaum zu entschädigen. Ein ideeller Mehrwert muss her, und zwar das Versprechen, die pluralistisch differenzierte Gesellschaft könnte in die wahre, harmonische Menschheitsgemeinschaft transformiert werden. Die Fiktion, die globale Ungerechtigkeit durch einen einzigen Willensakt abschaffen zu können, macht aus ohnmächtigen Leistungsempfängern »Titanen, die den Himmel stürmen«. (S. 70) Ein gottähnlicher gesellschaftlicher Ehrgeiz tritt an die Stelle persönlicher Tugendhaftigkeit.
Das Politisch-Moralische will die scheinbar unerträgliche Ambivalenz des Lebens verabschieden: »Die Individualisten der [alten] moralischen Lebensführung (…) taten sowohl Gutes wie Böses. Der Traum der politisch-moralischen Welt besteht darin, daß die moderne Rationalität diese Dualität überwinden wird.« (S. 356) Das ist der gnostische Traum von Süchtigen, die die Welt retten. Wenn sie es wirklich ernst meinen und so weitermachen wie bisher, werden sie, so fürchtet Minogue, eines Tages feststellen, dass sich die Menschheit als ungeeignet für ihr Projekt erwiesen habe.
Eine solche Enttäuschung käme dem hiesigen Leser irgendwie bekannt vor. Hitlers Verachtung für das deutsche Volk nach dem Scheitern seiner Pläne könnte sich in globalem Maßstab wiederholen. Die Widersprüche der Menschheitsgesellschaft, die sich dem heilenden Zugriff global tätiger NGOs nicht würdig erweisen will, kehren schon heute als Spannungen im Individuum wieder. Je mehr Unterschiede draußen in der Welt bekämpft werden, desto heftiger tobt der Kampf im eigenen Kopf. Er muss am Ende aushalten, was die Welt nicht aushalten soll. Hier schließt sich der Kreis. Wo das Rettende ist, wächst auch die Not.
Das schöne und große Versprechen dieses Buches aber lautet: Wir können die Welt verstehen, in der wir leben. Wir können durchschauen, was passiert. Was passiert, können wir ordnen und deuten, und indem wir es ordnen und deuten, werden wir freier und lebensfähiger. In dieser Reihenfolge: erstens freier und zweitens lebensfähiger. Wir müssen nur unser Leben selbst in die Hand nehmen und unseren Wirkungskreis auf dasjenige Feld beschränken, das wir aus eigener Kraft bestellen können.
]]>Zum Thema Homosexualität bemerkte mein Ziehvater in den späten siebziger Jahren: »Erst war es verboten, dann war es erlaubt, und wenn es Pflicht wird, wandere ich aus.« Ich wunderte mich damals ein wenig über diese Drohung, aber Ziehvater Krause hatte die Entwicklung durchaus richtig erkannt. Die Grünen glauben vermutlich, der Homosexualität als Pflichtübung jetzt ein gutes Stück näher gerückt zu sein. Mit Volker Beck an der Spitze fordern sie ein Verbot von Therapien, die homosexuellen Minderjährigen helfen könnten, ihre Orientierung zu ändern.
In dem entsprechenden Gesetzentwurf heißt es: »Ordnungswidrig handelt, wer berufs- oder gewerbsmäßig Therapien anbietet oder durchführt, die das Ziel haben, die sexuelle Orientierung bei Minderjährigen zu verändern. (…) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von mindestens fünfhundert Euro geahndet werden.« Sogenannte »Konversionstherapien«, so Beck, bewirkten ein »erhebliches gesundheitliches Risiko«. Als Folge solcher Behandlungen seien Ängste, soziale Isolation, Depressionen und eine erhöhte Selbstmordrate wissenschaftlich nachgewiesen.
Davon, dass Homosexualität sehr oft dieselben Folgen hat: nämlich Ängste, soziale Isolation, Depressionen und eine erhöhte Selbstmordrate, hat Beck offenbar noch nie etwas gehört. Auch scheint er noch nichts davon gehört zu haben, dass Folgeerkrankungen der Homosexualität zugleich deren Ursachen sein können. Ängste, soziale Isolation, Depressionen und eine erhöhte Selbstmordneigung können in die Homosexualität führen, weil diejenigen, die unter jenen Symptomen leiden, fruchtbarere Lebenswege als versperrt empfinden. In diesen vermutlich gar nicht so seltenen Fällen kann die der Homosexualität vorausgehende Grunderkrankung nicht nur behandelt werden – sie muss es sogar. Wem würde es schaden, wenn im Falle eines therapeutischen Erfolgs auch die homosexuelle Neigung verschwände? Volker Beck?
Das alles aber zu leugnen – und zwar unter Heranziehung »wissenschaftlicher« Argumente, wo Lebenserfahrung und ein wenig Beobachtungsvermögen besser Bescheid wissen –, ist rücksichtslos und zynisch. Andererseits, von therapeutischer Selbstbestimmung durch Arzt und Patient muss Volker Beck dann doch etwas gehört haben. Weil es diese Selbstbestimmung gibt, die jede Einflussnahme von außen verbietet, und weil es nur im Falle von Minderjährigen Dritte gibt, die bei der Therapie ein Wörtchen mitzureden haben, nämlich die Eltern, setzt der Vorstoß auch bei Minderjährigen und bei Elternrechten an, über die sich unsere politische Klasse immer unverschämter hinwegsetzt – nicht nur mit Propaganda für Homosexualität in staatlichen Schulen, sondern inzwischen allerorten im öffentlichen Raum.
Letztlich sind die Grünen gegen jedes therapeutische Angebot, das eine Abwendung von Homosexualität zur Folge hat, und das seit vielen Jahren. Sie sind dagegen, dass Homosexuelle, die nicht homosexuell sein wollen, professionelle Hilfe finden. Jedes entsprechende Angebot wollen sie kappen. Und das bedeutet, dass die Grünen gegen die Selbstbestimmung Homosexueller sind, die nicht homosexuell sein wollen. Weil das nicht ihren politischen Interessen dient.
Im Mai 2009 fand in Marburg ein psychoanalytisch-seelsorgerischer Kongress statt. Die Veranstaltung selbst wäre nicht weiter beachtet worden, wenn nicht zwei Referenten an ihr teilgenommen hätten, die sich an jene Schar von Homosexuellen wenden, von der niemand weiß, wie groß sie eigentlich ist, und die unter ihrer Neigung – leidet. Das religiös grundierte Bemühen der damals auf dem Kongress vertretenen Therapeuten, sich dieses Leids anzunehmen und bei der Lösung des Knotens zu helfen, gehörte lediglich ins weitere Umfeld jener Tagung.
Dennoch war das für Homosexuellenverbände und Grüne Grund genug, mit Vorwürfen wie »Homophobie« und »Umpolerei« einen sechstausendköpfigen Demonstrationszug gegen den Kongress auf die Beine zu stellen. Auf Transparenten stand zu lesen: »Religion kann man heilen« und »Maria, hätt’st du abgetrieben, das wär’ uns erspart geblieben.« Offenbar glaubten die Demonstranten, mit ihrem Kampf gegen ein spezielles Therapieangebot auch die ihm zugrundeliegende Nachfrage aus der Welt schaffen zu müssen. Der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 24. Mai 2009 zufolge hatten sie für die Selbstbestimmung Homosexueller in Wahrheit rein gar nichts übrig.
Schon die Marburger Konstellation zeigte, wie ernst es die Homosexuellenbewegung meint. Nichts bringt die Funktionäre der gay liberation so sehr auf die Palme wie ein Vorbehalt gegen Homosexualität, womöglich auch noch in Verbindung mit einem christlichen Bekenntnis, auch dann, wenn es der Homosexuelle selbst ist, der den Vorbehalt äußert und das Bekenntnis ablegt. Jeder, der sich nicht zur glücklichen Bejahung eines »schwulen Lebens« durchringen kann, scheint für die Sachwalter der Emanzipation eine große Gefahr darzustellen. Die wenigen verständnisvollen Helfer, die sich noch seines Schicksals annehmen, können sie schon gar nicht dulden.
Die Homosexuellenvertreter haben mit sicherem Instinkt erkannt, dass an dieser Stelle ihr ureigenstes Geschäft bedroht ist. Das erklärt ihre heftige Reaktion. Sie sind nicht in der Lage, sich auf die Klientel zu beschränken, die gerne homosexuell ist und es für den Rest ihres Lebens bleiben möchte. Damit bestätigen sie freilich die krassesten Vorurteile gegen Homosexuelle. Sie bestätigen Ziehvater Krauses richtige Annahme, dass man sie politisch in Schach halten müsse, damit sie nicht durchdrehen. Erfolgstrunken wie sie sind, können sie es bei der Akzeptanz, die sie erreicht haben, einfach nicht bewenden lassen.
Die Vorkämpfer der Homosexuellen können nicht aufhören, bevor die Stimmung kippt, und müssen immer noch eins drauf setzen. Wie lange soll das so weitergehen? Bis niemand mehr Kinder bekommt? Bis man den normalen Leuten ihre Kinder wegnimmt, damit auch die Homosexuellen welche abkriegen? Ich behaupte, dass normale Leute eine sehr viel ausgeprägtere Fähigkeit beweisen, Homosexuelle in Ruhe zu lassen als umgekehrt. Woran liegt das? Es liegt an der fehlenden Zeugungsfähigkeit der Homosexuellen. Gefangen in ewiger Wiederholung des gleichgeschlechtlichen und darum folgenlosen Aktes, ausgeschlossen aus dem beruhigenden Kreislauf des Lebens, ist der Homosexuelle zu ewiger Unruhe verurteilt:
»Diese Unerreichbarkeit organischer Ziele, das heisst solcher die sich wenn erreicht in neue Ziele öffnen, gibt dem Verhalten des tragisch Gestellten zugleich die Hitzigkeit und die wühlende Unruhe, die rasche Enttäuschung und den unaufhörlichen Wechsel, die fanatische und die unzuverlässige Struktur, und, bei der constitutionellen Unfähigkeit, Möglichkeiten des Lebens, Leistens und Empfangens wirklich auszunützen und in sich umzusetzen, den reissenden, oberflächlichen, und treulosen Verbrauch aller jener Möglichkeiten, der wie Dilettantismus wirkt, ohne sich ganz mit diesem Begriff zu decken. Sie bewirkt das Rollenbedürfnis dessen, dem ›in seiner Haut nicht wol ist‹, die Kostümsucht und den unheimlichen Zug zum Spiegel und zur Camera, in dem der Drang zu gefallen, anzuziehen, zu gewinnen ja nur unter das fliehende Phantom eines geträumten nirgend vorhandenen ergänzenden Begegners gebunden ist; und sie bewirkt in vehementen Naturen einen ins Rasende gehenden Trieb nach Ausgleich des heimlichen Mangels …« (Rudolf Borchardt, Aufzeichnung Stefan George betreffend)
»Ausgleich des heimlichen Mangels«, das ist das Stichwort. Ich kann verstehen, dass Volker Beck sich in seiner verzweifelten Lage wünscht, dass alle so wären wie er. Niemand ist halt gern allein. Wünschen darf sich Volker Beck – wie jeder andere auch – alles Mögliche. Aber müssen sein Vorhaben auch diejenigen verteidigen, die gar nicht homosexuell sind? Muss unter dem Vorwand der Aidsprävention in aller Öffentlichkeit mit dem Foto von vier Kondomen für Homosexualität geworben werden (»Boygroup – mach’s mit«)? Die Abweichung von der immer noch wünschenswerten Norm wird mehr und mehr zu einem Popanz, den fast alle Politiker, Journalisten und sonstigen Vertreter der veröffentlichten Meinung heuchelnd herumreichen. Heuchelnd, weil es für ihre Akklamation inzwischen völlig unerheblich ist, ob sie privatim homosexuell sind oder nicht.
Für den Gesetzentwurf der Grünen zum Therapieverbot zeichnet außer Volker Beck u.a. auch Jerzy Montag verantwortlich, Bundestagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen und Sohn eines polnischen Juden. Montag, der sich als »religiös nicht gebunden« bezeichnet, tritt auch für eine strafrechtliche Liberalisierung der Geschwisterliebe ein (»Moralische Tabus und soziale Anstandsregeln dürfen nicht mit dem Strafrecht durchgesetzt werden«). Unter Berufung auf die Autonomie des Menschen spricht sich Montag im Bundestag auch für die Möglichkeit von Sterbehilfe aus.
Montag ist zweifacher Familienvater. Er wirkt weder homosexuell noch lebensmüde. Er wirkt auch nicht wie jemand, der sich über eine gegenseitige geschlechtliche Zuwendung seiner Kinder freuen würde. Er scheint zu der Art von Leuten zu gehören, die für andere alles mögliche verlangen, nicht aber für sich selbst (die Abtreibung lassen wir jetzt mal weg). Das mag altruistisch wirken. Auch dann, wenn das, was man für andere will, womöglich nicht nur nichts wert, sondern als »Ausfall an Gut« (Augustin) sogar schlecht ist.
Die Grünen haben der Finanzwirtschaft einen effektiven Trick abgeschaut: Sie privatisieren die politischen Profite der von ihnen beförderten Emanzipationsprozesse, und sie sozialisieren die seelischen und gesellschaftlichen Kosten. Sowas nannte man früher ein »doofes Spiel«. Ausgerechnet die Grünen machen dadurch auf sich aufmerksam, dass sie die Ökologie des Menschen am rücksichtslosesten verraten. Wenn es nach ihnen geht, sollen wir uns einerseits austoben und (dafür?) andererseits früher sterben. Die vielbeschworene Autonomie ist gut genug fürs schnelle Sterben, aber nicht fürs gute Leben. Wer’s glaubt, der merkt meistens erst, wenn es zu spät ist, dass er die Kosten dieses systematischen Betrugs mitträgt.
Es verging kaum ein halbes Jahr nach dem Ende der hoch wogenden Missbrauchsdebatte, da sich Ole von Beust mit seinem neunzehnjährigen Lustknaben in der Öffentlichkeit zeigte und niemand etwas dabei fand. Wo es nur geht, werden die Homosexuellen in dem irrigen Glauben bestärkt, dass sie für ihr Lebensglück weniger Verantwortung trügen als andere. Als ob Homosexuelle das, was andere Leute aus eigener Kraft leisten müssen, der Gesellschaft abverlangen dürften. Die Forderung nach einem Adoptionsrecht »für« Homosexuelle, nach einem Recht, das es für niemanden sonst gibt, bestärkt sie in diesem Irrglauben. Und auch die liberale Öffentlichkeit möchte sich die beruhigenden Fiktionen ihres ach so guten Willens nicht kaputtmachen lassen.
Wenn insbesondere die nichthomosexuellen Verteidiger der Homosexualität einen Homosexuellen treffen, der nicht gern homosexuell ist, sind sie nur peinlich berührt: »Was hat er bloß für ein Problem? Was mag ihm fehlen? Wir sind doch glücklich für ihn!« In einer derart düsteren Lage geht es darum, wie Martin Mosebach (nicht speziell zu unserem Thema) sagte, »ein Gefühl für die Vorläufigkeit unserer Umstände zu entwickeln, zu lernen, sie als Übergangsphase zu begreifen«. Früher oder später wird die aggressive Unduldsamkeit emanzipationssüchtiger Homosexueller, die niemals genug kriegen, eine Reaktion provozieren, welche sie in ihren Vorurteilen gegen die »homophobe« Mehrheitsgesellschaft bestätigen könnte. Sofern diese Reaktion bloß verächtlich ausfiele, würde die Sache noch einmal harmlos abgelaufen sein. Einstweilen hoffe ich auf irgendeine Lage, in der wir wieder mehr dafür tun, Kinder zu bekommen, und mehr darauf achten, dass auch unsere Kinder eines fernen Tages gerne Kinder bekommen.
Das von den Grünen ersonnene Therapieverbot ist übrigens menschenverachtend, um einen inflationären Vorwurf der political correctness ausnahmsweise auf einen Fall anzuwenden, dem er angemessen ist.
]]>Der Cicero-Redakteur Alexander Kissler weist in seinem aktuellen Beitrag für Cicero online, »Der totale Staat. Wie die SPD aus Bürgern Antragsteller macht«, auf das neue Buch von Kenneth Minogue (Die demokratische Sklavenmentalität) hin, das soeben in der Edition Sonderwege bei Manuscriptum erschienen ist. Kissler wendet sich kritisch gegen den ausufernden Wohlfahrts-Etatismsus, der von den großen Parteien CDU und SPD gefördert wird. Es droht der totale Staat, der aus der Sozialkasse bezahlt wird:
»Laut Minogue kann die ›Abhängigkeit von Sozialleistungen‹ dazu beitragen, aus freien Individuen Knechte des Systems zu machen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts werde die Gesellschaft als eine ›Vereinigung hilfsbedürftiger Menschen‹ angesehen, ›deren Notlagen und Leiden durch die Macht des Staates kuriert werden müssen. (…) Moralische Handlungsfähigkeit wird dadurch untergraben, dass Regierungen die Aufgaben übernehmen, die die Individuen einst selbst wahrzunehmen pflegten.‹ (…)
Damit wird der Zivilgesellschaft, die auf die Freiheitsrechte des Individuums angewiesen ist, Stück um Stück der Boden entzogen. Der Staat benennt alle Mängel und stellt alle Lösungsmittel bereit. Wo der Staat einen Mangel sieht, muss es einen geben, und wo der Staat die Achseln zuckt, da kann kein Mangel sein. Der Staat ist zuständig für Wohl und Wehe in jeder Lebenslage, das Individuum darf sich zurückziehen in die Kapsel des Privatvergnügens. So verliert Demokratie ihr Subjekt, den Demos, das Volk. Es gibt nur Antragsteller, die sich an den Staat wenden, wenn es zwickt oder zwackt, und es gibt eine staatliche Herrscherklasse, die unentwegt zuteilt, verteilt, umverteilt.«
]]>Ein Gastbeitrag von Timotheus Kiesow
Der totale Staat trägt Uniform, Stiefel und marschiert im Gleichschritt durch die Straßen, jedenfalls in unserer Vorstellung. Er kann aber auch anders, auf hohen Absätzen daherkommen, im Hosenanzug, mit einem rosaroten Seidenschal. Dann sieht sein Werkzeug zwar freundlicher aus als eine Luger oder eine Kalaschnikow, eher wie eine Nagelfeile.
Im Prinzip stellt er aber das Gleiche damit an. Der totale Staat zerstört die Grenze zwischen der öffentlichen und der privaten Sphäre, die wichtigste Grenze in der abendländischen Zivilisation. So handhabt er auch die Frauenquote, er überträgt die Gleichbehandlung der Geschlechter, einen öffentlich-rechtlichen Grundsatz, auf private Rechtsverhältnisse. Damit stellt er die Vertragsfreiheit in Frage und untergräbt er die Privatautonomie.
Schon als der totale Staat gegen Ende der Weimarer Republik zum Thema der politischen Debatte wurde, ging es nicht um sichtbare Gewaltausübung oder Verfolgung. Es ging um Finanzausgleich, öffentliche Wohlfahrt und andere Überdehnungen der staatlichen Macht, die aus der totalen Mobilmachung im Krieg übernommen worden waren. Der Staatsrechtler Carl Schmitt schrieb 1931 über die »Wendung zum totalen Staat«, die Unterscheidung zwischen Staat und Gesellschaft gelte nicht mehr für das 20. Jahrhundert. Er schrieb es damals durchaus noch bedauernd, denn er wollte dem Staat eine eigene Sphäre des Politischen sichern.
Zur Jahreswende 1933 lobte Schmitt den »stato totalitario« des Faschismus dafür, dass er sich seine Macht nicht »unter irgendwelchen Stichworten, Liberalismus, Rechtsstaat, oder wie man es nennen will«, vermiesen lasse: »Ein solcher Staat kann Freund und Feind unterscheiden.« Wie gut er das konnte, sollte die weitere Entwicklung zeigen. Mit seiner Feinderklärung machte der Staat auch vor dem Privaten nicht mehr Halt, vor Käufer und Verkäufer nicht, nicht vor Arbeitnehmer und Arbeitgeber, ja, nicht einmal vor Gatte und Gattin.
Noch im selben Jahr 1933 spann der Verwaltungsrechtler Ernst Forsthoff die Anregungen seines Lehrers zur Skizze Der totale Staat weiter. Damit wollte er dem Nationalsozialismus die Grundzüge einer Verwaltungsform zeigen, mit der die Kommunen ihrer Autonomie beraubt und vollends dem Staat eingegliedert werden konnten. Wie bei Schmitt ist der »Feind« hier die »Gesellschaft«, die nach dem negativen Prinzip der Freiheit, »des Leben und Leben-Lassens« verfahre. Wirtschaft und Kultur, die nun dem totalen Staat unterstünden, sollten am besten von Kommissaren bestimmt werden, die zwar nach Gutdünken, aber doch im Sinne des Staates entscheiden würden.
Man muss Forsthoff zugutehalten, dass er zugleich mit der Grundlegung des totalen Staates dessen Kritik lieferte. An die nationalbolschewistischen, revolutionären Kreise in der NSDAP richtete er die Warnung, man dürfe Totalität nicht so verstehen, »als werde jetzt der Staat dazu übergehen, alle sozialen Lebensvorgänge schematisch zu reglementieren.« Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Forsthoff seine vergangene, totalitäre Polemik gegen den Rechtsstaat auf. Er verteidigte nun den Rechtsstaat gegen den Sozialstaat und prägte ein Begriffspaar, das die wichtigste politische Debatte der Bundesrepublik bestimmen sollte.
Der Rechtsstaat, so lässt sich Forsthoffs Position auf den Punkt bringen, das ist der Staat, der die Grenze zwischen privater Gesellschaft und öffentlichem Staat unangetastet lässt. Der Sozialstaat dagegen ist der totale Staat im menschenfreundlichen Gewand, er greift den Bürgern ins Eigentum und stört sie in der Ausübung ihrer Vertragsfreiheit. Und zwar, indem er den Grundrechten eine Drittwirkung aufs Private zuspricht. Die Grundrechte schützen nicht mehr (nur) den Staatsbürger vor staatlichen Eingriffen in seine Freiheit, sie verpflichten in erster Linie den Privatbürger gegenüber seinen Mitmenschen. Und der Staat wacht mit seinem Gewaltmonopol darüber, dass die Bürger untereinander die Grundrechte einhalten.
Das Recht auf Gleichbehandlung ist ursprünglich eine Forderung an den Staat, bei Gerichtsprozessen oder Wahlen keinen Unterschied zwischen Mann und Frau zu machen. Von feministischen Interessengruppen auf den Kopf gestellt, sieht es heute aus wie die Pflicht des Staates, Mann und Frau im Privatleben gleichzustellen. So widerspricht das Grundrecht mit Drittwirkung der Vertragsfreiheit, die in unserer Zivilisation grundsätzlich für private Rechtsverhältnisse gilt. Wen ich einstelle, an wen ich eine Wohnung vermiete, wen ich heirate, das ist mir überlassen – und nicht dem Inhaber des Gewaltmonopols. Mein Haus ist ebenso wie meine Firma mein privates Eigentum, mache ich davon Gebrauch, ist es mein gutes Recht, nach selbst gesetzten Kriterien zu diskriminieren.
Dass die Frauenquote gegen das Privateigentum gerichtet ist und damit gegen das Privatleben im Allgemeinen, lässt sich zunächst nicht leicht erkennen, weil sie von oben nach unten durchgesetzt wird. Die Stufenlogik ihrer Durchsetzung funktioniert – nach der neuen Richtlinie der Europäischen Kommission – wie folgt. Erstens: Der Staat behandelt Mann und Frau in der Öffentlichkeit gleich. Zweitens: Öffentliche Unternehmen müssen bis zum Jahre 2018 eine Frauenquote von 40 Prozent in Aufsichtsräten erreichen, weil sie Vorbilder sind für (drittens:) börsennotierte Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und mehr als 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr, die die Frauenquote bis zum Jahre 2020 erreichen müssen.
Wie auf einer Hängeleiter führen die Stufen herab vom Öffentlichen ins Private. Kleine und mittelständische Unternehmen sind zwar noch ausgenommen von der Quote, aber nicht weil die Quotenmacher etwa Respekt vor deren Privatautonomie hätten. Die Quote ist einfach noch nicht so tief herabgestiegen. In der glücklichen Zukunft sollen die weiblichen Vorstände, die von den weiblichen Aufsichtsräten ernannt worden sind, »auch sogenannte Ausstrahlungseffekte« auf »mittlere und kleinere Unternehmen« ausüben, wie Jutta Allmendinger, die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin, im Interview mit dem Deutschlandradio unumwunden zugibt.
Bei börsennotierten Unternehmen fällt der Eingriff ins Eigentum nicht so auf, sie werden wegen ihrer Größe und ihrer vielen anonymen Eigentümer irgendwie als öffentliche Anstalten wahrgenommen. Aber nicht alles, was eine verwickelte Personalstruktur hat und mehrere Stockwerke und Gänge mit Büroräumen sein eigen nennt, ist schon öffentlich. Auch ein Unternehmen, das auf dem deutschen Leitindex für Aktien Dax gelistet ist, hat Eigentümer, die Aktionäre – und nur die dürfen darüber entscheiden, ob eine Frauenquote im Aufsichtsrat erwünscht ist.
Wie im totalen Staat des Carl Schmitt steht auch zu Beginn der Frauenquote eine Feinderklärung. Lange bevor der Staat der EU beginnen konnte, das Privatleben der Bürger nach der Unterscheidung zwischen Mann und Frau schematisch zu reglementieren, erklärte der Feminismus den Mann zum Feind. Wie schrieb doch Alice Schwarzer 1991 zum Geschlechterkampf zwischen Mann und Frau: »Die Propagierung des weiblichen Masochismus durch Männer ist ein Angriff, durch Frauen ist es Kollaboration mit dem Feind.« Der Mann ist der Feind, die Frau in seinem Bett eine Kollaborateurin. Der Feminismus ist vor allem die Ideologie der lesbischen Frau, wie Volker Zastrow 2006 in seinem Essay-Klassiker Gender. Politische Geschlechtsumwandlung schön herausgearbeitet hat.
Und diese Ideologie hat die Machtfülle eines superstaatlichen Kommissariats, mit langer Hand gestrickte Netzwerke und den Zeitgeist auf ihrer Seite. Die gesamte Debatte befindet sich schon diesseits der Frauenquote.
Während die Bundesministerin für Arbeit und Soziales das Diktat der EU-Kommissarin Viviane Reding stützt, will die Familienministerin die Flexi-Quote mit selbstgesetzten Unternehmenszielen, weil sie dagegen weniger Widerstand erwartet. Die Bundeskanzlerin lässt ihren Regierungssprecher ausrichten, Frauenquoten seien nationales Terrain, während ein Hamburger Gesetzesentwurf zur Frauenquote, der der EU-Richtlinie zum Verwechseln ähnelt, nach einem Spaziergang durch den Bundesrat schon auf die Zustimmung des Bundestages wartet. Selbst die liberale Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat der gesetzlichen Frauenquote nur ihre Hoffnung auf eine quotenmäßige Selbstregulierung der Unternehmen entgegenzusetzen.
Die männlichen Gegner der Quote argumentieren mit Kreide im Mund, die Frauenquote werde der weiblichen Sache auf Dauer nur schaden. Ob die Frauenquote überhaupt rechtmäßig ist, ob sie nicht nur durch rechtliche Anpassungen und eine fragwürdige Interpretation des Grundgesetzes legal gemacht werden kann, sondern ob sie vielmehr legitim ist – das ist schon gar kein Thema mehr! Warum soll die Quote dann eigentlich nur für die Arbeit gelten, nicht auch für alle anderen privaten Verhältnisse, etwa für die Ehe? Wenn die erste von zwei Schwestern einen Mann geheiratet hat, müsste die zweite dann nicht eine Frau heiraten müssen, um das schwache Geschlecht nicht zu diskriminieren?
Die Frauenquote ist totalitär. Sie ist es aber nicht, weil sie mit biologischen Argumenten Politik betreibt, wie der Geschlechterforscher Gerhard Amendt in seiner Abrechnung Frauenquoten – Quotenfrauen vermutet. Sie ist totalitär, weil sie vom öffentlichen Recht her das Private aushöhlt. Das Privatrecht ist aber seit römischen Zeiten das wichtigere Recht. Denn vom Privaten, von unten nach oben bauen sich auch die öffentlichen Einrichtungen auf. Nicht von oben nach unten, wie Kommissare es schon immer haben wollten.
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