Interview mit dem Publizisten Andreas Lombard
Homosexuelle Reproduktion gibt es nicht – allen Versprechungen und Hoffnungen zum Trotz. Andreas Lombard sagt: Für den reproduktionstechnischen Markt dienen diese bloß als Türöffner. – Das folgende Interview erschien zuerst auf freiewelt.net
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FreieWelt.net: »Homosexualität gibt es nicht«, behaupten Sie im Titel Ihres neuen Buches. Wie ist diese steile These zu verstehen?
FreieWelt.net: Das müssen Sie mir erklären.
Andreas Lombard: Drei Beispiele: Erstens gilt Homosexualität für unveränderbar, als wäre sie ein sicherer Hafen, eine Art Schutz vor den Unwägbarkeiten des Lebens. Den gibt es nicht. Zweitens gibt es die behauptete Gleichheit nicht. »Gleich« ist Homosexualität nur dann, wenn ich die Fortpflanzung wegdenke. Und drittens führt die Gleichstellung zu einer fiktiven homosexuellen Fruchtbarkeit und am Ende zu einer Diskriminierung der Heterosexualität. Es gibt keine homosexuellen Eltern im Vollsinn des Wortes.
Zu Punkt eins: Laut Gender Mainstreaming gibt es die Veränderbarkeit der sexuellen Orientierung nur als Einbahnstraße, also hin zur Homosexualität und nicht zurück zur Heterosexualität. Ich kenne aber mehrere Frauen, die lesbisch gelebt haben und heute mit einem Mann zusammensind. Die Vorstellung einer nicht veränderbaren homosexuellen Identität ist historisch gesehen sehr jung. Für die Betroffenen kann sie leicht zu einem Gefängnis werden.
Zu Punkt zwei: Homo- und Heterosexualität sind nur dann »gleich«, wenn ich die Fortpflanzung weglasse. Interessanterweise bricht der Kampf um die Gleichstellung in dem Augenblick aus, in dem dank technisch assistierter Reproduktion die Hoffnung auf echte, homosexuelle Fruchtbarkeit entsteht. Bislang ist das eine Fiktion, aber diese Fiktion wird von den Medien, von interessierten Verbänden und sogar von der Bundesregierung aggressiv behauptet und vermarktet. Man tut bewusst so, als ob zwei Schwule oder zwei Lesben Eltern im Vollsinn des Wortes sein könnten. Das können sie nicht, jedenfalls nicht miteinander.
Zu Punkt drei: Lange Zeit konnte der Eindruck entstehen, alle Unmoral läge auf Seiten der Homosexualität, sodass viele heterosexuelle »Sünden«, wie man sie früher nannte, aus dem Blick gerieten. Den Rückstoß erleben wir jetzt. Er besteht darin, so zu tun, als ob Homosexuelle die besseren Eltern wären, weil »ihre« Kinder ja echte Wunschkinder seien, im Unterschied zu den bekannten »Unfallkindern« der Heteros. Ich halte das für eine böswillige Diskriminierung prinzipiell schützenswerter Normalität, von unglücklichen Einzelfällen abgesehen, die es immer und überall gibt. Meinetwegen können sich homosexuelle Paare als »Eltern« ausgeben, aber als Grundlage einer normativen Neuordnung von Familie finde ich es destruktiv.
Türöffner für einen riesigen reproduktionstechnischen Markt
FreieWelt.net: »Homophob« wird man diesen Ansatz nicht unbedingt nennen können. Außerdem sagen Sie, dass Sie die Homosexuellen schützen wollen. Wovor?
Andreas Lombard: Sagen kann man immer viel. Der Titel meines Buches wurde sofort öffentlich als homophob bezeichnet – natürlich von Leuten, die es gar nicht gelesen hatten. Eine solche Vorverurteilung ist aber Blödsinn. Ich weiß, dass ich viele Schwule auf meiner Seite habe, die einfach nur ihr Leben leben wollen. Die Messlatte für den Vorwurf der Homophobie wurde immer niedriger gehängt – ein leicht durchschaubares Spiel.
Worum es tatsächlich geht, ist etwas anderes. Tatsächlich werden Schwule und Lesben gnadenlos instrumentalisiert und zwar im Kampf gegen jede Form von traditioneller Identität und Herkunft. Das ist aber nur die Oberfläche. Tatsächlich sollen sie einem riesigen reproduktionstechnischen Markt als Türöffner dienen. Spätestens, wenn die Gleichstellung der Homo-Ehe erreicht ist, wird es einen Kampf um die Legalisierung der Leihmutterschaft geben. Versuchen Sie mal, das zu kritisieren, ohne den Vorwurf der Homophobie zu kassieren. Das ist schon jetzt beinahe unmöglich.
FreieWelt.net: Was haben Sie gegen Leihmutterschaft?
Andreas Lombard: Das ist die denkbar krasseste Instrumentalisierung der Frau. Der Ausdruck »Gebärmaschine« wäre noch viel zu niedlich, weil er aus einem vergleichsweise harmlosen feministischen Kontext kommt. Dort war er polemisch gegen eine Pflicht zur Mutterschaft gerichtet – die es in den letzten Jahrzehnten gar nicht mehr gab.
Mir kommt es so vor, als ob diejenigen, die sich für ihr eigenes Leben an keine Regeln mehr halten wollen (was ihr gutes Recht ist), sich gerne hinter der Emanzipation der Schwulen und Lesben verstecken, nach dem Motto, »wenn die anderen alles dürfen und auf niemanden mehr Rücksicht zu nehmen brauchen, dann brauche ich es auch nicht«. Darüber hinaus geht es darum, bestimmte natürliche oder schicksalhafte Beschränkungen des menschlichen Lebens nicht mehr akzeptieren zu müssen. Das macht uns aber nicht stärker, sondern immer schwächer.
Ich muss nicht den Katechismus der katholischen Kirche zum Maßstab machen, um zu erkennen, dass in unserer Gesellschaft einiges schiefläuft, von der steigenden Scheidungsrate (»Liebes-Aus«) bis dahin, dass Deutschland die niedrigste Geburtenrate der Welt hat. Für wessen Emanzipation kämpfen wir eigentlich, wenn wir selber darüber aussterben? Die syrischen Flüchtlinge, ob Christen oder Muslime, interessiert die Homo-Ehe bestimmt nicht.
Kinder brauchen ihre leiblichen Eltern
FreieWelt.net: Für Sie ist »Sexualität« nicht ohne Fortpflanzung denkbar. Aber dieser Zusammenhang ist doch längst zerrissen. Was sprich dann dagegen, von Homosexualität zu reden?
Andreas Lombard: Denkbar ist Sexualität ohne Fortpflanzung sehr wohl. Ich bin ja auch nur ein Mensch. Aber die Feststellung, dass der Zusammenhang von Sexualität und Fortpflanzung objektiv zerrissen sei, ist richtig und falsch zugleich. Richtig ist, dass es das Kondom, die Pille, die Abtreibung, die »Pille danach« und was sonst noch alles gibt. Es gibt den Niedergang der Ehe und den Aufstieg der technisch assistierten Reproduktion.
Die These der Trennung von Sexualität und Fortpflanzung ist falsch, sobald es um die Zukunft geht. Bei der Konstruktion einer homosexuellen Fertilität geht es ja gerade darum, Sexualität und Fortpflanzung auf einer neuen Stufe zu verbinden. Was wir derzeit erleben, ist der Versuch einer technischen Rekonstruktion dieses Zusammenhangs, auf Kosten des Ansehens der natürlichen Reproduktion, also unter Leugnung der unschlagbaren Vorteile, die die natürliche Elternschaft hat und die sie so bald auch nicht verlieren wird.
FreieWelt.net: Und warum soll das problematisch sein?
Andreas Lombard: Kinder brauchen nach Möglichkeit ihre beiden leiblichen Eltern. Alles andere ist eine Lüge. Die Beobachtung dessen, was es faktisch gibt, ersetzt nicht die Frage danach, ob es gut oder schlecht ist, ob es bessere und schlechtere Möglichkeiten der Fortpflanzung und der Familiengründung gibt. Der Arzt Christian Spaemann sagt zu recht: »Selbst wenn alle Leute bei McDonald´s essen, verliert die gesunde Ernährung nicht ihren Wert.« Ganz im Gegenteil.
FreieWelt.net: Eine Argumentation, die auf Biologie abhebt, vertraut darauf, dass es keine neuen Erkenntnisse gibt. Ist das nicht ein bisschen riskant?
Andreas Lombard: Für die Kriegsgewinnler des Fortschritts ist es bestimmt riskant. Ich bin gar nicht gegen diesen Fortschritt. Ich bin nur dagegen, dass man uns seinen Preis nicht nennen will. Ich beobachte ein mephistophelisches Prinzip, wenn man Geschlechtskrankheiten, familiäre Entfremdungsgefühle, sexuelle Süchte und Selbstmordneigungen unterschlägt. Wenn man leugnet, dass es auch gescheitertes Leben gibt.
Natürlich müssen nicht alle scheitern, die homosexuell sind, aber viele tun es eben doch. Jeder, der auch nur eine Nacht in einem Berliner Darkroom verbracht hat, weiß, wovon ich rede. Manche Männer haben alle Geschlechtskrankheiten gleichzeitig. Von dem, was dort passiert, erzählt keine Hochglanzanzeige der Gleichstellungskampagnen. Allen Kampagnen zum Trotz steigen die Infektionen mit HIV, jetzt sogar bei der älteren Bevölkerung. Wohin soll das führen?
Das Bild des gesunden, attraktiven, jungen homosexuellen Mannes, der ein glückliches Leben führt, sobald er nur seinen Freund heiraten und mit ihm ein Kind adoptieren darf, ist die naivste Fiktion, die man sich vorstellen kann. Viele Leute, die diese Kitschphantasie verteidigen, ohne selber homosexuell zu sein, können nicht einmal sagen, ob sie für oder gegen Leihmutterschaft sind – die zwangsläufig dazukommen wird.
Einerseits haben die Kinder von Samenspendern höchstrichterlich das Recht auf Kenntnis ihrer Väter und auf Umgang mit ihnen. Andererseits werden neue Formen des familiären Patchworks beworben, die den beteiligten homosexuellen Erwachsenen eine Art Recht geben, mindestens ein leibliches Elternteil, nämlich das gegengeschlechtliche, aus der Familie auszuschließen. Diesen Spagat akzeptiere, wer will. Ich verstehe ihn nicht.
Ein Recht auf Kinder gibt es nicht
FreieWelt.net: Aktuell gibt es Bestrebungen, Homosexuellen zu ermöglichen, eine »Ehe« einzugehen. Was bedeutet das für die Beteiligten – und für die echte Ehe?
Andreas Lombard: Erstens: Die Ehe ist eine halböffentliche Institution, weil das Staatsvolk bislang ein Interesse an Nachkommen hatte. Der Vorwurf der Diskriminierung, den das Bundesverfassungsgericht neuerdings aus der Beschränkung der Ehe auf Mann und Frau ableitet, geht völlig fehl. Da wird Ungleiches verglichen – als würde man einem Apfelbauern vorwerfen, dass er keine Birnen hat.
Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft ist eben nicht auf Nachkommenschaft angelegt, jedenfalls nicht, solange es keine »männlichen« Eizellen und keine »weiblichen« Samen gibt (woran die Forschung arbeitet, wie man hört). Das ganze Theater, das eigentlich nur eine Minderheit betrifft, ist ein Wechsel auf die Zukunft, eine moralisch-gesellschaftliche Vorbereitung auf das, was technisch auf uns zukommen könnte. Es mag ja sein, dass eines Tages leibliche Nachkommen homosexueller Paare möglich sind, aber das geht bestimmt nicht ohne einen gigantischen Therapiebedarf bei den so entstandenen Kindern ab.
Zweitens: Privat kann jeder machen, was er will. Ich würde einen Anspruch auf die Ehe aber niemals darauf gründen wollen, dass ich fähig bin, mit meinem Partner »Werte zu leben«, soll heißen, dass ich pünktlich bin, Verabredungen einhalte und ihm Tee koche, wenn er krank ist. Ich finde dieses Niveau von Gleichstellung beleidigend. Ebenso könnte ich mich auf darauf berufen, dass alle Menschen zwei Beine haben. Na gut, fast alle …
Im Übrigen leben Männer in schwulen Partnerschaften mehrheitlich promisk, flotte Dreier inklusive. Die Partner mögen sich wirklich lieben, aber ich weiß nicht, was für eine Ehe das sein soll. Besonders verräterisch finde ich es, dass das »Recht auf Ehe« und das »Recht auf Kinder« ohne jeden inneren Zusammenhang gefordert werden. Mir kommt das vor wie eine kindliche Spielerei, bei der man das Leben der Erwachsenen in Stücke haut, um es nach Belieben neu zusammenzusetzen. Die Anhänger der Gleichstellung mögen ganz auf der Höhe ihrer Zeit sein. Ich glaube nur nicht, dass sich diese »Höhe« lange halten lässt.
Drittens: Wenn die Zweigeschlechtlichkeit kein Kriterium für die Ehe mehr ist, warum sollten dann nicht drei oder vier Leute heiraten? Und warum sollte man nicht Inzest treiben, wenn die natürliche Genealogie nicht mehr gebraucht wird? Die Grünen fordern die tatsächlich strafrechtliche Freigabe des Inzest, spielen aber zugleich den Beleidigten, wenn man ihnen diese Konsequenz aufzeigt.
FreieWelt.net: Im Zuge des Kampfs der Homosexuellen werden neue Rechte postuliert, zum Beispiel das auf Kinder. Stehen wir am Beginn einer neuen Epoche, in der die Menschenrechte neu konzipiert werden müssen?
Andreas Lombard: Wenn Sie einklagbare Ansprüche meinen – ein Recht auf Kinder gibt es nicht gibt und kann es nicht geben. Bislang haben Kinder zwei Elternteile. Kinder sind eine Frage der Verantwortung für das eigene Leben. Solange wir uns nicht selbst befruchten können (auch diese Fähigkeit wäre nicht einklagbar) muss ich mich halt mit dem zweiten zukünftigen Elternteil einig werden. Ein anderer muss von mir ein Kind wollen. So läuft das auch bei den Heterosexuellen, sodass ich gar nicht weiß, wo es hier eine Diskriminierung geben soll.
In Berlin gibt es vermutlich Tausende von Kindern, die von schwul-lesbischen Eltern durch einfachen Samentransfer gezeugt wurden. Man kann das doch alles machen. Dagegen zielt das Einklagen von »Rechten« auf die staatliche Finanzierung künstlicher Reproduktion. Dieser Markt hat ein lebhaftes Interesse daran zu wachsen, und da kommen ihm die Homosexuellen gerade recht – als ob sie alle unfruchtbar wären.
FreieWelt.net: Was hat der Holocaust mit Homosexualität zu tun?
Andreas Lombard: Ich begnüge mich mit einem Zitat der Frankfurter Juristin Ute Sacksofsky aus der Zeitschrift »Merkur« (Nr. 769): »Gehen wir davon aus, dass es um die Weitergabe deutschen Erbgutes nach der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft nicht mehr gehen kann: Was wäre eigentlich so schlimm daran, wenn die Deutschen aussterben sollten (was ohnedies noch ein paar Jahrhunderte dauern dürfte)? Das Territorium, auf dem sich derzeit [!] Deutschland befindet, könnte der Natur zurückgegeben oder (das ist wahrscheinlicher) von anderen Menschen besiedelt werden.«
Der Angriff auf das genealogische Prinzip bezieht – in Deutschland – seine Kraft immer noch aus dem Führerbunker. Für Hitler hat das deutsche Volk sein Lebensrecht wegen der damals bevorstehenden Kriegsniederlage verwirkt, bei Sacksofy ist es der Holocaust. Ich bewerte das nicht. Ich konstatiere nur die Kontinuität der argumentativen Struktur, die auf ein hartnäckiges nationalsozialistisches Introjekt verweist, wie der Psychoanalytiker sagen würde. Ansonsten erlaube ich mir den Verweis auf das elfte Kapitel meines Buches.
FreieWelt.net: Vielen Dank für das Gespräch.
Andreas Lombard: Homosexualität gibt es nicht. Abschied von einem leeren Versprechen, Edition Sonderwege bei Manuscriptum, Waltrop/Leipzig 2015, 410 Seiten, 22,80 Euro.
Das Buch kann man hier bestellen.